Rede während der 1. (konstituierenden) Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 14. April 2016
Stadtverordnete Dominike Pauli, LINKE.:
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrte Damen und Herren!
Ich habe mir lange überlegt, ob ich hier heute rede, habe mich aber entschlossen, es doch zu tun. Ich möchte die beiden Anträge nicht unkommentiert stehen lassen. Ich möchte hier heute diese Sitzung nicht ohne die Positionierung der LINKEN auseinandergehen lassen. Die beiden Anträge, die wir hier heute zur Änderung der Hauptsatzung vorliegen haben, beschreiben ziemlich deutlich beide Seiten eines Dilemmas, indem die politische Landschaft im Moment nicht nur in Frankfurt steckt. Durch Ihre unsoziale und neoliberale ausgerichtete Politik, meine Damen und Herren von CDU, GRÜNE, FDP und auch SPD, haben Sie den Nährboden gedüngt, auf dem jetzt eine so unsägliche Partei wie die AfD gedeihen kann.
(Zurufe)
Oh ja.
SPD und GRÜNE haben vor zehn Jahren mit ihrer unsozialen Hartz Gesetzgebung den Sozialstaat angefangen zu zertrümmern. Damit haben Sie die Grundlage für weitreichende Verunsicherungen geschafft, zum Beispiel in Sachen Rente. Hier ist durch den Nachhaltigkeitsfaktor und den Riester Faktor die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rente angegriffen und Altersarmut für viele vorprogrammiert worden. Dazu kommen noch die grundlosen Befristungsmöglichkeiten für Arbeitsverträge und die Ausuferung von Zeitarbeit und Werkverträgen. Besonders verheerend ist Hartz IV und alles, was zur Drangsalierung und Schikane dazugehört. All das hat den sozialen Frieden zerstört und Entwicklungen unterstützt, deren Auswirkungen heute sogar Sie beklagen. Die CDU hat in Frankfurt zum Beispiel mit der Debatte um die Burkaverbote oder den Ehrenmordstatistiken, die durch einige Ortsbeiräte gelaufen sind, aber auch bundesweit durch die „Seehoferei“ in der Flüchtlingsthematik rechten Hetzern die Hoffähigkeit verschafft.
(Beifall)
Die AfD, für alle Damen und Herren von der CDU, ist Fleisch von Ihrem Fleische. Allein zwei ehemalige Frankfurter CDU Kämmerer haben heute einflussreiche Posten in dieser Partei, eine weitere frühere CDU Größe sitzt sogar im Bundesvorstand. Schauen Sie sich die Wahlen zu den Landtagsvizepräsidenten in Sachsen Anhalt an. Während DIE LINKE erst im zweiten Wahlgang die nötigen Stimmen bekommen hat, wurde der Kandidat der AfD offensichtlich mit Stimmen aus der CDU gleich gewählt.
(Beifall)
Die Mitteldeutsche Zeitung schreibt dazu am 12.04.2016: „… dass man im Landtag den Eindruck gewinnen könne, einige in der CDU wollten sich in einer Minderheitsregierung von der AfD tolerieren lassen“. Jetzt haben wir diese Partei auch hier im Römer sitzen. Glücklicherweise nicht so üppig wie andernorts, eher klein. Aber es regt sich in Frankfurt zunehmend Protest aus der Bevölkerung gegen die AfD. Das haben Sie heute alle mitbekommen, nicht zuletzt auf dem Römerberg. Da möchte ich hier ganz ausdrücklich im Namen der LINKEN den Demonstrantinnen und Demonstranten, den Demokratinnen und Demokraten danken, die heute auf dem Römerberg ganz deutlich Position bezogen haben.
(Beifall)
In diesen Dank mit einschließen möchte ich die Kolleginnen und Kollegen von Verdi und GEW, die jetzt in anderer Sache, nämlich für die endlich angemessene Bezahlung in den Sozial- und Erziehungsdiensten, protestiert haben. Das ist lebendige Demokratie, das sind die Menschen, die sich auch den rechten Hetzern entgegenstellen.
(Beifall)
Ihnen, meine Damen und Herren von CDU, SPD, GRÜNE und FDP, fällt nichts Besseres ein, als die Hauptsatzung ändern zu wollen, um rechte Hetzer von der AfD aus dem Präsidium heraushalten zu können.
(Heiterkeit)
Das wird mit Formalitäten nicht gelingen. Das ist wenig, das ist hilflos, das ist ängstliches Agieren. Das ist uns als LINKE auf jeden Fall zu wenig.
(Zurufe)
Was muss nun wirklich getan werden in Frankfurt? Die Spaltung der Stadt in Frankfurt ist Nährboden für rechte Hetzer. Deshalb muss dem entgegengewirkt werden. Es kann nicht sein, dass Kinder in Griesheim schlechtere Lebensperspektiven haben, nur weil sie im falschen Stadtteil geboren sind und nicht beispielsweise im Westend. Wenn Sie Konkurrenzkämpfe um bezahlbaren Wohnraum verhindern wollen, dann schaffen Sie endlich genug für alle. Wir erwarten, dass der neue Magistrat möglichst schnell ein detailliertes Integrationskonzept vorlegt, um den neuen Frankfurterinnen und Frankfurtern für ihr Leben hier bei uns Perspektiven zu geben. Das beinhaltet auch die besondere Verantwortung der Stadtverwaltung, Arbeitsplätze zu schaffen. Aber ob die sich anbahnende neue Stadtregierung dazu die politische Kraft hat, wage ich doch zu bezweifeln. Sie müsste sich komplett von dem abwenden, was Schwarz Grün in den letzten zehn Jahren an Klientelpolitik betrieben hat. Ob das bei einer Konstellation, in der entweder CDU und GRÜNE oder CDU und FDP eine SPD einrahmen, die selbst in der Opposition keine konsequente sozialgerechte Politik gefördert hat, funktionieren wird, glauben wir nicht.
(Zurufe)
Wenn Sie dazu noch Belege brauchen, schauen Sie sich Ihre Beteiligung in der Bundesregierung an, die spricht für sich. DIE LINKE wird Ihr absehbares Versagen wie bisher auch in den nächsten fünf Jahren öffentlich machen, linke Gegenkonzepte für eine solidarische Stadtgesellschaft erarbeiten, in der außer rechten Hetzern jeder und jede ihren Platz hat, denn das muss drin sein.
Vielen Dank!
(Beifall)
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