4. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 16. Juni 2016
TO 15: Steuergerechtigkeit statt Panama
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin
Erika Pfreundschuh:
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15., „Steuergerechtigkeit“ auf. Zu diesem Thema behandeln wir die Vorlage NR 22 der LINKE-Fraktion. Die LINKE-Fraktion hat den Antrag zur Tagesordnung I gestellt. Gibt es Wortmeldungen? Die erste Wortmeldung liegt von Herrn Stadtverordneten Michael Müller von der LINKE-Fraktion vor. Bitte schön!
Stadtverordneter Michael Müller, LINKE.:
Vielen Dank Frau Stadtverordnetenvorsteherin,
sehr geehrte Damen und Herren!
Ich fasse mich sehr kurz, weil gleich der Ball rollt. Dennoch finde ich es sehr gut, dass wir uns noch kurz Zeit für unseren Antrag nehmen. Die sogenannten Panama-Enthüllungen haben ziemlich deutlich belegt, wie Reiche und Vermögende aus allen Teilen der Welt über sogenannte Briefkastenfirmen Milliardenvermögen vor der Steuer verstecken und Steuerhinterziehung im großen Stil begangen wird. Deshalb möchte ich aber zunächst den Whistleblowern danken, denen wir es zu verdanken haben, dass das bekannt wurde. Es wäre eigentlich Aufgabe der Politik gewesen, diesen Skandal offenzulegen. Von daher noch einmal vielen Dank an die Whistleblower, die „Panama Leaks“ öffentlich gemacht haben und die Journalisten, die dazu beigetragen haben.
Was wir ab jetzt tun, als Politiker, ist, natürlich die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Hier sehe ich die Stadt Frankfurt als Finanzstandort Deutschlands in einer gewissen Pflicht. Wenn Sie unserem Antrag zustimmen, könnten wir hier eine Vorreiterrolle einnehmen. Indem wir zum Beispiel endlich dazu kommen, dass mehr Steuerfahnder eingestellt werden, wie wir es im Antrag fordern. Das ist dringend notwendig. Ich bin Realist, auch wenn Sie es mir vielleicht nicht ansehen, aber ich bin es tatsächlich. Und ich sage Ihnen, wir müssen das Kasino nicht sofort schließen. Dazu fehlen uns noch die Mehrheiten in diesem Haus. Aber wir können doch zumindest dazu beitragen, den Sumpf trockenzulegen, der seit Langem finanzpolitisch vorhanden ist.
(Beifall)
Steuerbetrug muss als das gekennzeichnet werden, was es ist. Es ist nämlich kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat. Wir müssen als handelnde Akteure eben die Mechanismen bereitstellen, um Steuerhinterziehung und Steuerbetrug wirksam zu bekämpfen. Wir fordern ferner den Magistrat der Stadt Frankfurt auf, keinerlei Geschäftsbeziehungen mit Banken zu unterhalten, die sich aktiv an solchen Offshore-Geschäften beteiligen und bei der Vermittlung von Briefkastenfirmen helfen. Ja, ich weiß, dieses Verfahren ist noch legal, und ich weiß auch, dass sich die Kreditinstitute auf diese Legalität berufen, aber sehr geehrte Damen und Herren, legitim ist es in keinster Weise.
(Beifall)
Deshalb ist es auch dringend notwendig, dass endlich ein Offshore-Register kommt, ähnlich wie es zum Beispiel auch Heiko Maas fordert, weil wir ohne Transparenz diesen Steuerbetrug, diese Steuerhinterziehung niemals wirksam bekämpfen werden. Transparenz ist hier das oberste Gebot. Ich will jetzt gar nicht mehr so viel Zeit verwenden, aber lassen Sie mich noch kurz zum Kern des Problems kommen. Kern des Problems ist doch tatsächlich die groteske ungleiche Verteilung von Vermögen. Es ist doch erwiesen, dass in Deutschland, auch in Frankfurt, die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht.
(Zurufe)
Doch, das hat sehr wohl etwas mit Panama zu tun. Es sind doch die Vermögenden, die die Steuern hinterziehen. Es sind doch die Reichen, die in Offshore-Gebieten ihre Konten verwalten lassen.
(Zurufe)
Da haben Sie wirklich keine Ahnung. Tut mir leid.
(Beifall)
Die Vermögen steigen und steigen, aber im gleichen Atemzug, wie die Vermögen steigen, nimmt auch die Armut zu. Ich möchte einmal aus dem Jahresabschluss der Stadt Frankfurt zitieren. Der weist nämlich auch darauf hin, dass es einen kontinuierlichen Anstieg an Bedarfsgemeinschaften in dieser Stadt gibt. Außerdem wird konstatiert, dass es eine wachsende Zahl von Wohnungslosen in dieser Stadt gibt. Ferner wird vom Magistrat im Jahresabschluss festgestellt, dass die Zahl der Personen über 65 Jahre, die von sogenannter Grundsicherung leben müssen, weiter steigt. Von daher haben wir natürlich ein Problem mit der Verteilung von Reichtum, mit der Zunahme von Armut und mit dem Wegschauen der Politik, um dieses Problem nicht endgültig anzugehen zu müssen. Deswegen, glaube ich, wäre es sehr sinnvoll, wenn wir uns hier auch auf das Grundgesetz berufen würden. In Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes ist natürlich klar formuliert, dass Eigentum verpflichtet und sein Gebrauch zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll. Ich als Linker habe kein Problem damit, dass Menschen vermögend sind. Natürlich nicht. Ich habe nur ein Problem damit, wenn die Politik diese Vermögen nicht zur Beteiligung des Gemeinwohls heranzieht. Das ist doch das Problem, das wir haben.
(Beifall)
Das ist doch der Kern von Panama. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition: Leider haben Sie Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht beachtet, sonst hätten Sie sich bei der Erhöhung der Gewerbesteuer durchgesetzt. Da mussten Sie leider Farbe bekennen. Unternehmen könnte man stärker an der Finanzierung des Gemeinwohls beteiligen. Das war der erste große Fehler dieser Regierungskoalition.
(Beifall)
Aus diesem Grund geben wir Ihnen die Möglichkeit, mit dem Antrag .
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin
Erika Pfreundschuh:
Etwas mehr Ruhe bitte!
Stadtverordneter Michael Müller, LINKE.:
(fortfahrend)
Es stört mich überhaupt nicht, dass Unruhe herrscht. Das hat sicherlich mit dem Fußballspiel zu tun.
Deswegen geben wir Ihnen die Möglichkeit, mit der Forderung nach einer Vermögenssteuer für Mehreinnahmen zu sorgen, die Sie nicht durch die Erhöhung der Gewerbesteuer generieren würden. DIE LINKE setzt sich für die Vermögenssteuer ein und setzt sich damit dafür ein, dass dem Haushalt der Stadt Frankfurt Mehreinnahmen zugutekommen, um das Allgemeinwohl zu finanzieren. Von daher stehen wir für eine soziale Politik, weil kluge soziale Finanzpolitik immer auch eine Umverteilungspolitik ist. Wir könnten die richtigen Schlüsse aus dem Panamaleaks-Skandal ziehen, indem wir uns auf diesen Grundsatz berufen. Deswegen bitte ich Sie, dem Antrag der LINKE für mehr Steuergerechtigkeit, für mehr Transparenz und für eine Vermögenssteuer zuzustimmen.
Vielen Dank!
(Beifall)
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