Sie wollen von den tatsächlichen Problemen ablenken

18. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 16. November 2017

Tagesordnungspunkt 8: Städtische Liegenschaft „In der Au 14-16″

Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin

Dr. Renate Wolter-Brandecker:

Vielen Dank! Als nächster Redner hat Herr Müller für die LINKE. das Wort, ihm folgt Herr Dr. Schmitt von der CDU-Fraktion. Bitte, Herr Müller!

Stadtverordneter Michael Müller, LINKE.:

Frau Vorsteherin,

meine Damen und Herren!

Lassen wir doch bitte schön einmal die Kirche im Dorf und lassen wir die Au in Rödelheim. Was mich an dieser schrägen Debatte fasziniert, ist, wie wir alles wild durcheinander werfen, es aber nicht um die wirklichen Probleme geht. Manuel Stock hat gesagt, dass es unerhört ist, wie wir als LINKE in die Debatte eingestiegen sind. Aber wissen Sie, was noch unerhörter ist? Das ist die Art und Weise, wie wir uns hier mit einem Thema auseinandersetzen, das eigentlich gar nicht auf unserer Agenda stehen sollte, weil die Probleme der Menschen in der Stadt ganz andere sind.

(Zurufe)

Nein. Es ist komplett neben der Spur, wie wir hier argumentieren.

(Beifall)

Herr Dr. Schmitt, Sie haben die Rechtsstaatlichkeit ins Feld geführt. Sie haben gesagt, es gibt ein Gerechtigkeitsempfinden, das zutiefst verletzt wird. Wissen Sie, wodurch das Gerechtigkeitsempfinden der meisten Menschen in diesem Land verletzt wird? Durch die massiv begangene Steuerflucht.

(Beifall)

Warum erwähnen Sie das denn nicht? Meiner Meinung nach ist die Frage nach Recht und Gesetz so zu beantworten, dass man sich mit den wirklichen Problemen auseinandersetzen muss.

(Zurufe)

Sie führen hier Scheingefechte, das sind Nebenkriegsschauplätze, die von den tatsächlichen Problemen ablenken sollen. Ich bin der Meinung, wenn Sie hier schon Rechtsstaatlichkeit einfordern, dann erwarte ich mit gleicher Verve auch ein Engagement gegen Steuerflucht. Da sind Sie merklich stumm, liebe CDU. Das ist ein großes Problem.

(Zurufe)

Was heißt, das liegt nicht in unserer Zuständigkeit? Damit muss man sich auch beschäftigen. Insgesamt kann man zu der Meinung gelangen, dass sich viele, die in der CDU aktiv sind, vielleicht mit Heizungsüberprüfungen, Brandschutzbestimmungen und der Kehrwoche beschäftigen, wie es Frau Busch gesagt hat, aber ich glaube, Ihnen fehlt es tatsächlich an der Toleranz, dass es auch alternative Lebensentwürfe in dieser Stadt geben muss, die es seit über 30 Jahren auch gibt, und die man guten Gewissens tolerieren kann. Ich hätte mir gewünscht, dass es dafür ein Plädoyer und nicht diese scheinheilige Debatte über Rechtsstaatlichkeit gibt, wenn es doch darum geht, dass In der Au ein paar Menschen auf einem Grundstück leben. Sie, Herr Dr. Schmitt, erdreisten sich und bringen sogar ins Feld, dass es dort um 15.000 Quadratmeter geht. Warum waren Sie nicht so schlau und haben die 15.000 Quadratmeter auf dem Areal des alten Polizeipräsidiums angesprochen? Da waren Sie auch stumm. Das ist scheinheilig von Ihnen, das ist unglaubwürdig. Sie müssten sich viel stärker mit den wirklichen Problemen auseinandersetzen. Beim Polizeipräsidium haben Sie kläglich versagt. Wenn Sie jetzt kommen und die 15.000 Quadratmeter an Grund ins Feld führen, dann sage ich, da hätte man beim Polizeipräsidium viel besser etwas machen können. Wenn Sie hier jetzt indirekt das eine gegen das andere ausspielen wollen, indem Sie sagen, wir geben ihnen 1.000 Quadratmeter mit einem Mietvertrag, 14.000 Quadratmeter bebauen wir, dann spielen Sie mit den Ängsten der Menschen, die eine Wohnung suchen. Sie instrumentalisieren die Thematik, um Lebensentwürfe, die Ihnen nicht passen, aus dieser Stadt zu verbannen. Das finde ich unsäglich, unredlich und dieser Stadt abträglich, meine Damen und Herren.

(Beifall)

Sie sollten sich auch einmal überlegen, warum Sie das Ganze eigentlich als Biotop bezeichnen. Das fand ich auch mehr als beschämend, wenn man hier von einem Biotop spricht.

(Zurufe)

Das ist die falsche Wortwahl, die Sie bitte zurücknehmen sollten.

(Beifall)

Sie sollten sich einmal überlegen, wie Sie einerseits die großstädtische CDU darstellen und sich die CDU mit der Oberbürgermeisterkandidatin Bernadette Weyland in Sachen Urbanität et cetera präsentiert, dann von Ihnen aber gleichzeitig ein Merkmal der Urbanität, nämlich die Toleranz für alternative Lebensentwürfe, in einer schändlichen Art und Weise negiert wird. Das passt leider nicht zusammen, und das zeigt nur, wie wenig Sie sich scheinbar mit der Thematik beschäftigt haben. Tatsächlich würde es vielleicht Sinn machen, wenn Sie sich einmal In der Au aufhalten. Sie können ja einmal klingeln. Ich glaube, man macht der CDU sogar auf. Dann würde sich Ihr Bild zurechtrücken.

Vielen Dank!

(Beifall, Zurufe)

Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.

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