18. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 16. November 2017
Tagesordnungspunkt 12: „Optimierung der Steuerposition“ der Fraport beenden
Stadtverordnetenvorsteher
Stephan Siegler:
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12., Steuerzahlungen Fraport AG, auf.
Wir behandeln die Vorlage NR 411 der LINKE.-Fraktion mit dem Betreff „Optimierung der Steuerposition von Fraport beenden.“ DIE LINKE-Fraktion hat als erste den Antrag zur Tagesordnung I gestellt. Ich mache darauf aufmerksam, dass der Haupt- und Finanzausschuss empfiehlt, die Vorlage NR 411 um eine Runde zurückzustellen. Dennoch soll die Vorlage heute zur Aussprache kommen. Gibt es Wortmeldungen?
(Zurufe)
Es ist eine Minute vor zwölf, damit gilt die Zweitanmelderregel noch nicht. DIE LINKE hat fünf Minuten und zehn Sekunden Restredezeit. Herr Müller, Sie haben das Wort, bitte schön!
Stadtverordneter Michael Müller, LINKE.:
Herr Vorsteher,
meine Damen und Herren!
Ich weiß, es ist zwei Minuten vor zwölf und ich werde mich auch kurz fassen. Es ist jetzt schwierig, gegen die Uhr anzureden, aber das Thema ist viel zu brisant, deshalb finde ich es wichtig, dass wir es heute zumindest kurz ansprechen. Wohl wissend, dass es natürlich zurückgestellt ist und wir uns noch im Ausschuss damit beschäftigen werden.
Worum geht es? Wir haben ein Problem mit Steuerflucht. Das wissen wir nicht zuletzt seit den Enthüllungen von Paradise Papers, Panama Papers oder Luxemburg-Leaks. Es ist ein großes Problem, dass im großen Stil Steuern hinterzogen werden, dass es legale Möglichkeiten gibt, am Fiskus vorbei Steuerflucht zu begehen.
Das größte Problem ist, dass es natürlich in erster Linie nicht die kleinen Handwerksbetriebe sind, dass es nicht die Mehrzahl der ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sind, die hier im großen Stil Steuerflucht begehen, sondern dass es Großkonzerne sind, Millionäre, Milliardäre, die es sich leisten können, durch Steueroptimierungsmodelle Steuern im großen Stil zu hinterziehen.
Es ist eine Parallelwelt, die da entstanden ist, und dieser Parallelwelt ist es erst einmal wichtig .
Stadtverordnetenvorsteher
Stephan Siegler:
Meine Damen und Herren, Entschuldigung Herr Müller, ein wenig Respekt jetzt kurz vor Ende und etwas mehr Ruhe würde dem Fortlauf der Sitzung sicher guttun. Herr Müller, bitte schön!
Stadtverordneter Michael Müller, LINKE.:
(fortfahrend)
Vielen Dank, Herr Vorsitzender! Es bringt mich in keinster Weise aus der Ruhe, weil ich felsenfest der Meinung bin, dass wir über diese Frage reden müssen, auch wenn es jetzt Mitternacht ist. Es ist viel zu wichtig, als dass es in Ihrem Gemurmel untergehen sollte.
(Beifall)
Sie können jetzt natürlich sagen, Steuerbetrug ist ein allgemeines Problem, das existiert auf den karibischen Inseln, oder in den Steueroasen, was tangiert denn das die Kommunalpolitik. Das können Sie natürlich sagen. Sie haben bereits heute so ähnlich im Ältestenausschuss argumentiert, als es um die Verleihung der Wilhelm-Leuschner-Medaille an Roland Koch ging. Das tangiert uns doch in Frankfurt nicht, aber in diesem Fall gibt natürlich einen konkreten Bezug. Und zwar müssen wir uns mit Fraport beschäftigen.
Wir beschäftigen uns nicht das erste Mal mit Fraport. Fraport ist ein mehrheitlich im Besitz der öffentlichen Hand befindliches Unternehmen. Es ist bekannt, dass Fraport Unternehmen auf Malta unterhält, es ist bekannt, dass Malta ein Steuerparadies ist, es ist bekannt, dass auf Malta Steueroptimierung im großen Stil stattfindet. Und wissen Sie, was mich jetzt stutzig macht? Fraport unterhält nicht nur eine Firma auf Malta, sondern es sind derer gleich drei. Wenn man sich dann überlegt, als es eine Anfrage gab im Hessischen Landtag 2012 auf die Frage eines Landtagsabgeordneten der GRÜNEN, warum die Fraport das denn mache. Darauf antwortete der damalige hessische Finanzminister, dass sie das aus Gründen der Steueroptimierung machen würden. Das war wenigstens ehrlich, deswegen ist es aber noch lange nicht gut. Es mag zwar legal sein, aber legitim ist es in keinster Weise. Von daher haben wir ein großes Problem mit Fraport.
(Beifall)
Jetzt betrachte ich einmal die Magistratsbank, Fraport befindet sich ja zum großen Teil auch im Besitz der Kommune. Wir haben eine dementsprechende Verantwortung. Wir sitzen im Aufsichtsrat. Es wäre meiner Meinung nach die vordringlichste Pflicht unserer Vertretung im Aufsichtsrat von Fraport, dieses Thema anzusprechen. Es ist doch wichtig, dass wir gegenüber der Öffentlichkeit klarmachen, dass wir hier nicht mit zweierlei Maß messen. Wenn wir einfordern, dass es Steuergerechtigkeit und Steuerehrlichkeit für alle Menschen in Frankfurt geben soll, dann muss das doch auch für Unternehmen gelten, die sich zumindest zum Teil im Besitz der öffentlichen Hand befinden. Darüber muss man also reden.
(Beifall)
Fraport ist natürlich auch ein börsennotierter Konzern. Die Prämisse dahinter ist, dass man den Stakeholdern gerecht wird, indem man möglichst geringe Steuerquoten hat und möglichst hohe Gewinne einfährt, um eben die Steuerlast nach unten zu setzen. Das ist nachvollziehbar. Wenn wir allerdings sprachlos bleiben oder wenn wir dann, wie zuletzt der Kollege Dr. Schmitt im Haupt- und Finanzausschuss, nur die Interessen der Shareholder ansprechen und dass man diese berücksichtigen muss, dann sage ich Ihnen, dass Sie damit die Interessen der falschen Personen berücksichtigen. Ich finde, die Verantwortung insbesondere von Fraport, als ein zumindest teilweise öffentliches Unternehmen, muss sein, dass es keine Steuerflucht gibt. Das kann nur bedeuten, dass Fraport beide Briefkastenfirmen auf Malta schließen sollte.
(Beifall)
Ich weiß auch, dass wir gegenüber dem Management von Fraport natürlich nicht die Handhabe haben, das einzufordern, aber zumindest muss ein politisches Signal kommen, dass so gehandelt werden sollte. Sprich, wir sollten den politischen Druck über unsere Repräsentanz im Aufsichtsrat deutlich machen, dass das ein Ende haben muss.
(Beifall)
Insgesamt ist es natürlich ein Problem des globalen Finanzmarktkapitalismus, das sich auch am Beispiel von Fraport zeigt. Letztendlich ist es doch so, dass sich alle großen Konzerne quasi am globalen Supermarkt der Steueroptimierung bedienen, wo es ihnen gerade passt. Wenn ein neues Steuerparadies gegründet wird, dann wird es nicht lange dauern und es wird dort eine Tochterfirma gegründet, weil es legal ist, dort die Steuern zu hinterziehen.
Stadtverordnetenvorsteher
Stephan Siegler:
Herr Müller, Sie überziehen gerade die Redezeit.
Stadtverordneter Michael Müller, LINKE.:
(fortfahrend)
Es ist ein immens wichtiges Thema. Ich komme zum Schluss. Wir werden es in vier Wochen wieder diskutieren und dann hoffe ich, dass wir uns damit noch intensiv beschäftigen, vielleicht nicht erst fünf Minuten nach zwölf, denn das ist einfach zu spät.
(Beifall)
Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.