Diese Stadtverordnetenversammlung repräsentiert nicht annähernd die Diversität, die diese Stadt ausmacht

19. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 14. Dezember 2017

Tagesordnungspunkt 12: Kommunales Wahlrecht für alle

Stadtverordnetenvorsteher

Stephan Siegler:

Vielen Dank, Herr Burcu! Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Ayyildiz von der LINKE.-Fraktion. Bitte schön!

Stadtverordnete Merve Ayyildiz, LINKE.:

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,

Gude an den Rest!

Sehr gerne nehme ich die Anregung der KAV auf und befürworte sie, das kommunale Wahlrecht einzuführen und auf allen politischen Ebenen für die Einführung zu plädieren. Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben und keinen europäischen Pass besitzen, haben als Teil dieser Gesellschaft dennoch Rechte und Pflichten. Alle geouteten Law-and-Order-Fanatiker des heutigen Abends werden mir in diesem Punkt beipflichten, auch wenn es vielleicht persönlich schwerfällt, einer Linken zuzustimmen. Also, auch hier verlasse ich mich auf Ihren Zuspruch, auch die Menschen ohne EU-Pass haben die Pflicht auf Steuer- und Sozialabgaben. Sie leben also hier und leisten durch ihre Arbeitskraft ihren Beitrag zur Gesellschaft, durch ihre Bildung, durch ihr kulturelles und soziales Engagement, dass auch armselige AfDler den Menschen nicht absprechen können, aber politische Teilhabe wird ihnen verwehrt.

(Beifall)

Dadurch werden sie politisch auch nicht hinreichend vertreten. Sieht man allein in diesen Raum, blicke ich überwiegend in weiße, männliche, privilegierte Gesichter. Denke ich jedoch an die Frankfurterinnen und Frankfurter, so würde mir dieses Bild niemals in meinem Kopf auftauchen, denn diese Stadtverordnetenversammlung repräsentiert nicht annähernd die Diversität, die diese Stadt ausmacht.

(Beifall)

Jeder Mensch mit Lebensmittelpunkt in Deutschland sollte konsequenterweise also neben den Rechten und Pflichten, die sie oder er ohnehin als Teil dieser Gesellschaft zu erfüllen hat, das Recht auf politische Partizipation haben. Wir befinden uns in einer Situation, in der es heißt, Rechte und Pflichten ja, so lange es der herrschenden Politik passt. Für eine Stadt, die sich stets für ihre Internationalität rühmt, sollte dies eine inakzeptable Situation darstellen. Das Wahlrecht ist hierzulande noch ein Privileg, das in seiner derzeitigen Gestaltung zur Reproduktion einer diskriminierenden Gesellschaft beiträgt und somit einen beachtlichen Teil dieser Gesellschaft politisch ausschließt.

(Beifall)

Das Wahlrecht sollte jedoch ein Freiheitsrecht eines jeden Menschen sein, der in einem demokratischen Staat lebt. Dass es anders geht, sehen wir beispielsweise in den Betriebsräten. Seit Beginn der Anwerbung von Arbeiterinnen und Arbeitern mit sogenanntem Migrationshintergrund ist es hier selbstverständlich, dass sie ungeachtet ihrer Herkunft und Staatsbürgerschaft mitwählen und sich somit über ihre Vertretung mit ihrer Stimme abstimmen können. Wenn Mensch will, geht es also doch.

Danke schön!

Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.

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