Anfrage der Stadtverordneten Astrid Buchheim und Michael Müller der Fraktion DIE LINKE. im Römer gemäß § 50 (2) HGO
Die Stadt Frankfurt und deren nachgeordnete Ämter nutzen seit Jahren die Dienste von Postdienstleistern, die in Konkurrenz zur Deutschen Post AG stehen. Derzeit trägt die Firma Mainversand die Briefe und andere Drucksachen der Frankfurter Behörden aus. Mainversand wirbt auf ihrer Internetseite damit, dass eine echte Alternative zur Deutschen Post darstellen. Mainversand sei preiswerter und kundenfreundlicher.
Schneller als die Deutsche Post ist Mainversand auf jeden Fall nicht. Das haben wahlberechtigte Frankfurter*innen bei der OB-Stichwahl erfahren müssen. Es wurde bekannt, dass Briefwähler*innen ihre Wahlunterlagen entweder erst sehr kurz vor dem Wahltag oder sogar am Montag nach der Wahl erhielten. Das Wahlamt und der zuständige Dezernent Jan Schneider erklärten zwar, dass diese Verzögerung den Wahlausgang nicht hätte verändern können. Bei einem anderen Ergebnis wäre das vielleicht anders.
Bei der Suche nach den Gründen für die Verzögerungen, erklärten Wahlamt und Dezernent, dass die Unterlagen rechtzeitig an den Postdienstleister übergeben worden seien. Dezernent Jan Schneider gab an, dass der Dienstleister mit der Zustellung von 50 000 Briefen innerhalb weniger Tage überfordert sei, weil das Unternehmen zu wenig Personal hätte. Dieser Vorgang macht deutlich, dass der Postdienstleister Mainversand mit wenig Personal viel Arbeit leisten will. Schneiders Vorschlag für die Lösung des Problems: Einfach den Abstand der Wahltermine zwischen Haupt- und Stichwahl verschieben. Das passt zu der Ideologie der marktkonformen Demokratie.
Bei der Vergabe des Dienstleistungsauftrages seitens der Stadt Frankfurt an Mainversand haben bestimmt ökonomische Erwägungen den Ausschlag gegeben. Aber die Einhaltung von minimalen Arbeitsstandards wie angemessene Bezahlung, Vereinigungsfreiheit, Tariftreue ist sowohl in der Beschaffung von Produkten aus aller Welt als auch in der Auftragsvergabe von Dienstleistungen wichtiger denn je, da soziale Standards nicht nur in den weltweiten Lieferketten, sondern auch hier, in der Region von einigen Dienstleistungsunternehmen oftmals nicht eingehalten werden. Daher muss Frankfurt alle Möglichkeiten nutzen, bei der Auftragsvergabe auf soziale Kriterien zu bestehen.
Vor diesem Hintergrund wird der Magistrat gebeten, folgende Fragen zu beantworten:
- Welche Konsequenzen wird der Magistrat aus diesem Vorfall ziehen?
- Werden Abläufe von demokratischen Prozessen in Zukunft von den Profitinteressen von Vertragspartnern der Stadt Frankfurt abhängen?
- Welche sozialen Kriterien haben bei der Vergabe des Auftrages für Postdienstleitungen eine Rolle gespielt und wie wurden sie in der Ausschreibung formuliert?
- Wenn keine sozialen Kriterien formuliert worden sind, aus welchem Grund wurde dies nicht gemacht?
- Welche Zusicherungen hat Mainversand gemacht, um diese Kriterien einzuhalten?
- Wie kontrolliert die Stadt die Einhaltung dieser Kriterien?
- Welche Ämter, Verwaltungsdienststellen etc. nehmen die Dienste von Mainversand in Anspruch?
- Wann läuft der Vertrag mit Mainversand aus?
- Wie viel würde es die Stadt mehr kosten, die Deutsche Post AG oder einen anderen Anbieter, der die sozialen und sachlichen Anforderungen erfüllt, zu beauftragen?
- Welche Höhe an ergänzenden Hilfeleistungen (Wohngeld, Hartz IV usw.) wird in Frankfurt an Beschäftigte von Mainversand jährlich gezahlt?
Anfragesteller*innen:
Stv. Astrid Buchheim
Stv. Michael Müller
DIE LINKE. im Römer
Dominike Pauli und Martin Kliehm
Fraktionsvorsitzende