Antrag der Fraktion DIE LINKE. im Römer
Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
- Der Magistrat sorgt dafür, dass kommunale Flächen künftig nur noch an Zirkusbetriebe vermietet werden, die keine gefährlichen Wildtiere mitführen. Hierunter fallen insbesondere Elefanten, Flusspferde, Giraffen, Großbären, Großkatzen, Nashörner, Primaten ab Makakengröße und Wölfe.
- Der Magistrat entwickelt mit Initiativen, zoologischen Gärten und Tierschutzorganisationen ein Programm, das den betroffenen Zirkussen den Ausstieg aus der Wildtierhaltung erleichtert.
Begründung:
Im Bericht 1 aus 2018 hat der Magistrat festgehalten, dass ein auf den Einzelfall bezogenes Verbot erlassen wird, wenn sich herausstellt, dass die Haltung von Tieren (insbesondere Wildtieren) in Zirkussen unter Berücksichtigung der rechtlichen Vorgaben, Gutachten und Leitlinien nicht möglich ist. Für die oben genannten Tierarten ist das der Fall.
Mit der geforderten Beschränkung soll den Gefahren, die mit der Haltung dieser Tierarten in mobilen Einrichtungen einhergehen, Rechnung getragen werden. Ausbrüche von Wildtieren aus Zirkusbetrieben sind vielfach dokumentiert. Insgesamt kam es zwischen 2009 und 2016 zu mindestens 45 Ausbrüchen von Bären, Elefanten, Flusspferden, Großkatzen, Nashörnern und Primaten aus Zirkusbetrieben in Deutschland.
Der Bundesrat verweist in seiner vom Magistrat begrüßten Entschließung für ein Verbot von Wildtieren im Zirkus aus dem Jahr 2016 auf die Gefahrensituation: „Ferner sind vermehrte Zwischenfälle mit den genannten Tierarten und Ausbrüche von Zirkustieren augenfällig, die auch die Bevölkerung immer wieder gefährden.“ Einen Grund dafür sieht die Länderkammer darin, dass die „eigentlich notwendige Einrichtung von ausreichend großen, ausbruchsicheren und artgerecht ausgestatteten Gehegen […] mit der Notwendigkeit zur fortwährenden Mobilität“ kollidiert. Auch die Verhaltensstörungen vieler Tiere im Zirkus sieht er als Folge der schlechten Haltungsbedingungen in einem mobilen Betrieb an. Dadurch wird das Verhalten der Tiere unberechenbar und Gefahrensituationen werden kaum vorhersehbar. Selbst jahrelang unauffällige oder als „gezähmt“ geltende Wildtiere können demnach unvermittelt und ohne ersichtlichen Grund zur Gefahr werden.
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DVUG) ist der Spitzenverband für die gewerblichen Berufsgenossenschaften und der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand. Die Unfallversicherungsträger haben Regeln zur Unterstützung der Unternehmer und Versicherten bei der Wahrnehmung ihrer Pflichten im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz erarbeitet. Für die Haltung von Wildtieren in Zoos und Tierparks gilt die „BGR/GUV-R 116“ in der aktualisierten Fassung von 2012. Als gefährliche oder besonders gefährliche Tierarten gelten demnach Elefanten, Flusspferde, Giraffen, Großbären, Großkatzen, Nashörner, Primaten ab Makakengröße und Wölfe. Für deren Haltung sind besondere Sicherheitsanforderungen vorgeschrieben, die vor allem hinsichtlich der besonders gefährlichen Wildtierarten in mobilen Einrichtungen wie Zirkusbetrieben aufgrund baulicher und personeller Anforderungen nicht umsetzbar erscheinen.
Die Anzahl der Ausbrüche und Vorfälle mit gefährlichen Wildtieren sowie die hohen Anforderungen an die sichere Haltung dieser Tierarten in Zoos und Tierparks zeigt, dass ein vergleichsweise bedeutendes Gefährdungspotenzial in den entsprechenden Zirkusbetrieben gegeben ist, welches ein auf die genannten Tierarten bezogenes Verbot rechtfertigt.
Damit aufgrund dieser Beschränkungen niemand in seiner Existenz gefährdet wird, sollen die zum Ausstieg aus der Wildtierhaltung bereiten Zirkusbetriebe vom Magistrat unterstützt werden.
Rechtliche Einordnung:
Die Oberverwaltungsgerichte Lüneburg und Greifswald haben 2017 enge Grenzen für ein kommunales Zirkus-Wildtierverbot gesetzt und einer alleinigen Begründung mit Tierschutzargumenten Absagen erteilt. Das OVG Lüneburg betont jedoch:
Zur Klarstellung wird darauf verwiesen, dass von der vorbezeichneten Sperrwirkung gefahrenabwehrrechtliche (vgl. etwa Bayr. VGH, Beschl. v. 1.7.2012 – 10 CS 12.1475 -, juris, Rn. 4) einschließlich bauordnungsrechtlicher Gründe für ein Verbot des Mitsichführens von Wildtieren ebenso wenig mit umfasst sind wie ein Einschreiten aus tierschutzrechtlichen Gründen im Einzelfall, die nicht vom Regelungsgehalt der Genehmigung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 d TierSchG eingeschlossen sind; ebenso wenig ist eine Kommune verpflichtet, für den Auftritt von Zirkussen mit Wildtieren geeignete Flächen überhaupt vorzuhalten oder allgemein Tiere in ihren Einrichtungen (außerhalb etwa von Tierheimen) zuzulassen.
Bereits 2016 entschied das Verwaltungsgericht Darmstadt zu Gunsten der Stadt Reinheim, die auf ihrer Fläche ein Zirkusgastspiel mit Tigern untersagte. Die Stadt hatte mit der Gefahrenlage argumentiert. Das Verwaltungsgericht betonte, die Gemeinde habe „bei der Vergabe von Veranstaltungsplätzen einen weiten Gestaltungsspielraum und könne die Vergabe des Platzes zulässigerweise auf eine Veranstaltung ohne Raubtiere beschränken“.
Unter Berücksichtigung des Beschlusses des OVG-Lüneburg sowie vorangegangener Gerichtsentscheidungen zeigt ein Rechtsgutachten der Stabsstelle Tierschutz des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (Baden-Württemberg) Städten und Gemeinden auf, wie unter Beachtung der aktuellen Rechtslage bestimmte Wildtierarten von kommunalen Flächen ausgeschlossen werden können. Demnach werden Beschränkungen von Zirkusbetrieben mit gefährlichen Tieren als rechtskonform gewertet, weil die öffentliche Sicherheit in kommunaler Zuständigkeit liegt. Unter anderem hat die Stadt Meerbusch 2017 ein an die aktuelle Rechtslage angepasstes Zirkus-Wildtierverbot beschlossen und in der Beschlussvorlage hauptsächlich ordnungs- und sicherheitsrelevante Argumente angeführt.
DIE LINKE. im Römer
Dominike Pauli und Martin Kliehm
Fraktionsvorsitzende
Antragstellende:
Stv. Astrid Buchheim
Stv. Ayse Dalhoff
Stv. Dominike Pauli
Stv. Eyup Yilmaz
Stv. Martin Kliehm
Stv. Merve Ayyildiz
Stv. Michael Müller
Stv. Pearl Hahn