24. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 24. Mai 2018
Tagesordnungspunkt 6: Neufassung des „Frankfurter Programms zur sozialen Mietwohnungsbauförderung“
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin
Dr. Renate Wolter-Brandecker:
Danke schön. Der nächste Redner ist Herr Yilmaz von der LINKEN., danach folgt Herr Dr. Römer. Herr Yilmaz, Sie haben das Wort. Bitte schön!
Stadtverordneter Eyup Yilmaz, LINKE.:
Frau Vorsteherin,
meine Damen und Herren!
Ja, wir haben der Vorlage M 72 zugestimmt, aber wirklich nur mit Bauchschmerzen, es war grenzwertig. Dennoch besteht meine Kritik fort. Für den neuen Förderweg 1 stellt die Stadt viel Geld bereit, damit Investoren Sozialwohnungen bauen. Genau heißt das, die Stadt bezuschusst sie mit bis zu 900 Euro pro Quadratmeter und vergibt zinslose Kredite. So will der Magistrat jedes Jahr 45 Millionen Euro an die Investoren in der Hoffnung verteilen, dass sie dann Sozialwohnungen bauen. Es ist allerdings ein Irrtum zu glauben, dass die Privatinvestoren jetzt tatsächlich in großer Anzahl Sozialwohnungen bauen werden. Mit der Richtlinie in der vorliegenden Form werden nicht mehr Sozialwohnungen geschaffen, Investoren hegen doch ganz andere Interessen.
Hingegen könnte die Stadt mit 900 Euro pro Quadratmeter doch auch einfach selbst bauen lassen. Mit den in Aussicht gestellten Kreditsummen könnte sie die dafür notwendigen Grundstücke kaufen, anstatt das Geld in die Baubranche zu buttern. Dafür hat die Stadt mit der ABG doch eine eigene Wohnungsbaugesellschaft. Diese wurde gegründet, um den Wohnungsbedarf der Bevölkerung zu decken, was auf dem freien Markt nicht passiert. Wie fordern nochmals, die Koalition muss die ABG verpflichten, zu 100 Prozent geförderte Wohnungen zu bauen, davon mindestens 50 Prozent Sozialwohnungen. Es ist reine Heuchelei, wenn die Koalition behauptet, sie wolle keine Gettos in Frankfurt bauen. Das Gegenteil ist der Fall. Wenn in einer Stadt über 70 Prozent der Haushalte ein Anrecht auf eine geförderte Wohnung haben, dann kann man da überhaupt nicht von einer Gettoisierung reden. Sie haben doch die wahren Gettos geschaffen: Europaviertel, Deutschherrnufer, Westhafen, Riedberg und Westend – Rückzugsräume für die Vermögenden. Gibt es dort irgendeine Sozialwohnung? Nein.
Zweiter Punkt: Die Sozialbindungen sollen von 20 Jahren auf 30 Jahre verlängert werden. Zehn Jahre mehr, das hat kaum Auswirkungen auf den Erhalt der Sozialwohnungen. Privatinvestoren können sowieso immer nach fünf oder zehn Jahren aus der Sozialbindung aussteigen. Warum nehmen Sie nicht alle Investoren, auch die Privatinvestoren, in die Pflicht und sorgen dafür, dass sich auch diese mindestens 30 Jahre, am besten 99 Jahre lang nicht von der Sozialbindung befreien dürfen. Das wäre der richtige Vorgang gewesen, aber nein, Sie wollen eben investorenfreundlichere anstatt bürgerfreundlichere Satzungen machen.
(Beifall)
Ich sage ganz offen, nach ein bis zwei Jahren werden wir sehen, dass der Mangel an Sozialwohnungen weiter ungebremst steigen wird, weil jährlich fünf- bis sechsfach so viele Sozialwohnungen aus der Bindung fallen, als neu gebaut werden. Ein Beispiel: Wir haben in der heutigen Fragestunde gefragt, wie viele der im Jahr 2017 fertiggestellten Wohnungen in Frankfurt öffentlich gefördert sind. Die Wohnungen sollten nach Förderweg 1 und 2 getrennt angegeben werden. Sie haben geantwortet, dass für das Jahr 2017 die Statistik im Bereich Wohnen Baufertigstellungen von 4.722 Wohnungen ausweist. Davon sind auf dem Förderweg 1 134 geförderte Wohnungen und auf dem Förderweg 2 87 geförderte Wohnungen entstanden. Das sind noch nicht einmal fünf Prozent an geförderten Wohnungen. Das ist ein Armutszeugnis. Wo bleiben denn die 30 Prozent an geförderten Wohnungen, die Sie immer zugesagt haben?
(Beifall)
Was kann man machen? Ändern Sie einfach die Satzung der ABG Holding und verlängern Sie die sozialen Bindungen auf unbefristete Zeit. Das kann die Stadt aus eigener Kraft schaffen. Wir fordern den Magistrat wiederholt auf, Druck auf die Landesregierung auszuüben, damit das Hessische Wohnraumfördergesetz geändert wird. Die Belegungsbindungen sind ohne Laufzeitende festzulegen, ob nun für öffentliche Wohnungsbaugesellschaften oder für Privatinvestoren. Für alle sollte gelten: Einmal sozial, immer sozial.
Vielen Dank!
(Beifall)
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