27. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 27. September 2018
Aktuelle Stunde zur Frage Nr. 1425: Mahnwachen fundamentaler Christ*innen
Stadtverordnetenvorsteher Stephan Siegler:
Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Hahn von der LINKE.-Fraktion. Bitte!
Stadtverordnete Pearl Hahn, LINKE.:
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
meine Damen und Herren!
Ich habe soeben mitbekommen, dass der Antrag NR 612 – zumindest sollte es zum Ende des Abends so sein – durchgehen soll. Ich bin erfreut über die Tatsache, dass SPD und GRÃœNE vorhaben, dem Antrag zuzustimmen. Es wurde im Ausschuss oft betont, dass die Versammlungsfreiheit ein hohes Gut ist. Natürlich muss das Recht auf Versammlungsfreiheit geschützt werden. Aber Freiheit und Recht eines Individuums dürfen nicht die Freiheit und das Recht eines anderen Individuums beeinträchtigen. Es ist also eine schwierige Frage, die nicht nur auf rechtlicher Ebene durch Ämter geregelt werden soll, wie Herr Stadtrat Frank meint. Es ist vor allem eine politische Frage.
Wird das Recht auf anonyme Schwangerschaftskonfliktberatung gewährleistet, wenn eine Mahnwache direkt vor dem Eingang von pro familia stattfindet? Ich sage: Nein. Die Verlegung der Beratungsstelle, um die Anonymität zu gewährleisten, ist für die Beratungsstelle nicht zumutbar. Es ist viel einfacher, die Örtlichkeit der Mahnwache zu ändern. Haben Frauen ein Anrecht auf eine anonyme Schwangerschaftskonfliktberatung? Ja, natürlich. Im Jahr 2012 wurde der Rechtsanspruch auf anonyme Beratung auf alle Schwangeren ausgeweitet. Doch Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung ziehen, haben nicht nur das Recht, sondern sind per § 219 Strafgesetzbuch verpflichtet, eine Beratung aufzusuchen.
Das heutige Abstimmungsverhalten der Koalition ist sehr aussagekräftig. SPD und GRÜNE haben vor, ausnahmsweise ein positives Votum zu geben, das nicht von der CDU verboten werden soll. Ich sage, das ist ein positives Zeichen. Liebe SPD und GRÜNE: Macht weiter so! Die CDU auf der anderen Seite hat heute mit der AfD abgestimmt und den Antrag NR 612 abgelehnt. Folgendes dürfen wir aber nicht vergessen: Vor vielen Jahren war es die CDU, die die Beratung im Strafgesetzbuch veranlasst hat, dass Schwangere, die einen Abbruch wünschen, dazu verpflichtet werden, sich beraten zu lassen. Das heißt, die CDU hat das am Anfang gefordert, heute aber kann die CDU sich nicht dazu durchringen, Frauen zu ermöglichen, diesen Termin anonym wahrnehmen zu können, obwohl das per Gesetz vorgeschrieben wird. Das ist ein Armutszeugnis der CDU. Für DIE LINKE heißt es immer und überall: my body, my choice, no rollback, fight back und weg mit dem § 219a.
Danke!
(Beifall)
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