Es gibt keine armen oder reichen, sondern nur unterfinanzierte Kommunen

30. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 31. Januar 2019

Tagesordnungspunkt 8: Klage der Stadt Frankfurt gegen den kommunalen Finanzausgleich

Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher

Ulrich Baier:

Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Müller von der LINKEN. Bitte!

Stadtverordneter Michael Müller, LINKE.:

Sehr geehrter Herr Vorsteher,

sehr geehrte Damen und Herren!

Auch wir sind der Meinung, dass der kommunale Finanzausgleich weder fair noch gerecht ist. Generell ist anzuprangern, dass das große Problem des KFA doch ist, dass insgesamt unzureichende Mittel unter den Kommunen ausgeglichen werden sollen. Sprich, das Land Hessen stiehlt sich aus der Verantwortung und zwingt die hessischen Kommunen, einen Verteilungskampf zu führen.

Viel besser und notwendig wäre es, wenn die Hessische Landesregierung endlich alle hessischen Kommunen ausreichend finanziert, damit sie ihre Aufgaben auch wahrnehmen können. Das ist längst überfällig. Die kommunale Daseinsvorsorge ist nämlich viel zu wichtig, als dass man die dafür benötigten Finanzen im Rahmen eines Ausgleichs irgendwie austariert und es dann einen Verteilungswettbewerb gibt, der immer dazu führt, dass die Kommunen gegeneinander ausgespielt werden. Von daher sind wir generell dafür, dass es eine Neuregelung braucht, die eine ausreichende Finanzierung aller hessischen Kommunen vorsieht. Es braucht eine Stärkung der Kommunen. Und es bedarf natürlich einer Investitionsoffensive.

Wer, wenn nicht die Stadt Frankfurt, sollte sich dann an die Spitze dieser Bewegung stellen und in Wiesbaden mit einer starken Stimme auftreten? Herr Siefert, ich bin nicht der Meinung, dass es reicht, wenn die Lokomotive irgendwie ausreichend finanziert und quasi unter Dampf gesetzt wird. Nein, der ganze Zug muss modernisiert werden. Der ganze Zug muss zukunftsfähig gemacht werden. Damit meine ich alle Kommunen in Hessen, weil es in Hessen quasi keine reichen und armen Kommunen gibt. Es gibt eigentlich nur unterfinanzierte Kommunen. Davon bin ich überzeugt.

(Beifall)

Was mich allerdings schon verblüfft und auch traurig macht, ist die wachsende Annäherung zwischen FDP und AfD.

(Zurufe)

Ich dachte, es gibt eigentlich einen sozialliberalen Part bei der FDP. Aber ich bin schon etwas erschrocken, als ich die Rede von Annette Rinn vorhin gehört habe. Sie müssen sich noch einmal vergegenwärtigen, was Frau Kollegin Rinn gesagt hat. Sie hat tatsächlich davon gesprochen, dass die Stadt Frankfurt die Menschen zwangsbeglücken würde. Was bedeutet das denn? Glaubt sie denn allen Ernstes, dass die Menschen zwangsbeglückt werden müssen? Es geht darum, dass eine Mindestanforderung endlich erfüllt wird. Wir haben doch kein Füllhorn, das wir ausschütten.

(Zurufe)

Und wenn die FDP davon spricht, dass die Menschen zwangsbeglückt werden oder es gar Wohltaten sind, die verteilt werden, dann ist es der falsche Ansatz, weil es nämlich suggeriert, dass wir in einer Überflussgesellschaft leben und es keine soziale Spaltung gibt. Es suggeriert, dass tatsächlich Leistungen erfüllt werden, die vielleicht nicht notwendig sind. Genau andersrum ist es richtig.

(Zurufe)

Es gibt keine Zwangsbeglückung, sondern es ist so, dass man eigentlich sagen muss, alle Leistungen sind notwendig, alle Leistungen sind originäre Aufgaben der Kommune. Wenn man dann so tut, als wären sie quasi etwas, das man gar nicht bräuchte, als wären das Errungenschaften, die man sich eigentlich komplett schenken könnte, dann ist es falsch, was die Kollegin Rinn gesagt hat, und stellt das Gegenteil einer sozialliberalen Grundhaltung dar, die ich mir eigentlich bei der Frankfurter FDP wieder wünschen würde.

(Beifall, Zurufe)

Vielen Dank!

Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.

Dieser Beitrag wurde unter Michael Müller veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.
Nach oben