Antrag der Fraktion DIE LINKE. im Römer
Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
- Der Magistrat wird beauftragt, zu prüfen und zu berichten,
- wie viele Grundstücke in Frankfurt brach liegen, obwohl baurechtlich eine Bebauung (oder ein Umbau) zur Nutzung der Flächen (oder Gebäude) zulässig wäre und
- wie lange diese Flächen schon un- bzw. mindergenutzt sind. Grundstücke stadtnaher Stiftungen sind ausdrücklich in die Prüfung einzuschließen.
- Der Magistrat wird beauftragt, den Eigentümer*innen – nach vorheriger Erörterung der Maßnahmen in Einklang mit § 175 BauGB – ein Baugebot nach § 176 BauGB auszusprechen.
- Kauft oder übernimmt die Stadt durch Anwendung dieses Verfahrens Grundstücke (ggf. nach § 85 Abs. 1 Nr. 5 BauGB), für die eine Wohnbebauung geboten ist, so überlässt sie diese der städtischen Wohnungsgesellschaft oder Wohnprojektgruppen im Erbbaurecht, um geförderten Wohnraum zu schaffen.
- Für die Maßnahmen werden entsprechend Stellen in den Fachämtern geschaffen.
Begründung:
In Frankfurt besteht „dringender Wohnbedarf der Bevölkerung“. Dieser Bedarf begründet das Gebot, Flächen zu bebauen, die für eine Bebauung vorgesehen sind: Die Zahl der Wohnungslosen steigt ebenso wie die Zahl derer, die auf eine freie Sozialwohnung warten. Fast 600 Familien und zahlreiche Einzelpersonen sind monatelang in Notunterkünften untergebracht, da es keine bezahlbaren Wohnungen in Frankfurt gibt. Auch für andere Personengruppen wie Alleinerziehende, Arbeiter*innen und Studierende ist es immer schwieriger, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Im Jahr 2018 wurden in Frankfurt laut Bauaufsicht 3.519 Wohnungen fertig gestellt. Davon sind die wenigsten – nämlich lediglich 65 – im ersten Förderweg als Sozialwohnungen entstanden.
Zugleich werden Flächen in Frankfurt brach liegen gelassen und nicht bebaut. Ein prominentes Beispiel ist das Alte Polizeipräsidium an der Friedrich-Ebert-Anlage. Es steht seit 17 Jahren leer. Obwohl das Ziel einer Neubebauung bei den ausgedehnten Verkaufsverhandlungen klar war, ist seit dem Verkauf des ehemalig öffentlichen Grundstücks durch das Land Hessen an einen privaten Investor im März 2018 nichts passiert. Investor ist die Gerchgroup aus Düsseldorf, die sich selbst als „zwischeninvestierender Projektentwickler“ bezeichnet (http://gerchgroup.com/news/hessen-verkauft-altes-polizeipraesidium-frankfurt-an-gerchgroup/). Baubeginn ist erst für 2022 angekündigt, Fertigstellung für 2026. Dann ist die letzte Nutzung 24 Jahre her.
Der Jahresrückblick Baugeschehen der Bauaufsicht zeigt, dass regelmäßig mehr Wohnungen genehmigt als fertiggestellt werden. Laut Immobilienmarktbericht des Gutachterausschusses für Immobilienwerte geht die Anzahl der Transaktionen unbebauter Grundstücke eher zurück, während die Transaktionssummen konstant bleiben. Das heißt die einzelnen unbebauten Grundstücke werden immer teurer gehandelt. Dieser Effekt spiegelt sich in den Bodenpreisen wider, die in der Bodenrichtwertkarte angegeben werden. Die Bodenrichtwertkarte ist im Internet einsehbar (aktuellste Version von 2018): https://geoportal.frankfurt.de/mapbender/application/bodenrichtwerte-2018
Da nicht genutzte Baugenehmigungen alle zwei Jahre verlängert werden müssen, ist davon auszugehen, dass der Bauaufsicht ein Überblick darüber vorliegt, welche Grundstücke trotz einer erteilten Baugenehmigung nicht bebaut werden. Dieses Bauflächenpotenzial ist aufzubereiten und zunächst darauf zu prüfen, was eine (Wohn-)Bebauung verzögert. In diese Prüfung sind die nicht unerheblichen Grundstücksflächen stadtnaher Stiftungen einzuschließen (s. B 165/2018).
Wird ein Bau nicht innerhalb einer angemessenen Frist begonnen, so kann die Stadt ein Baugebot aussprechen. Sind die Eigentümer*innen weiterhin nicht zu einer Bebauung bereit, kann das Grundstück in einem letzten Schritt an die Stadt fallen. Diese kann den benötigten bezahlbaren Wohnraum mit Hilfe ihrer Wohnungsgesellschaft ABG Frankfurt Holding schaffen. Dieses Verfahren ist aufgrund des Mangels an bezahlbarem Wohnraum in Frankfurt dringend geboten.
Mit diesen Maßnahmen soll die Praxis unterbunden werden, dass Grundstücke nicht bebaut werden, um sie mit Gewinn – aber ohne Nutzen für die Bewohner*innen der Stadt  – weiter zu verkaufen. So kann benötigter Wohnraum geschaffen werden, möglichst geförderter, der im öffentlichen Besitz steht.
DIE LINKE. im Römer
Dominike Pauli und Martin Kliehm
Fraktionsvorsitzende
Antragsteller*innen
- Stadtv. Ayse Dalhoff
- Stadtv. Dominike Pauli
- Stadtv. Eyup Yilmaz
- Stadtv. Martin Kliehm
- Stadtv. Merve Ayyildiz
- Stadtv. Michael Müller
- Stadtv. Monika Christann
- Stadtv. Pearl Hahn