Keine rosigen Zeiten für Kleingärten

Anfrage des Stadtverordneten Eyup Yilmaz der Fraktion DIE LINKE. im Römer gemäß § 50 (2) HGO

Die letzte Analyse der Kleingärten der Stadt Frankfurt wurde im Jahr 2002 vorgestellt (Bericht des Magistrats B 587/2002). Seitdem ist viel passiert. Vor allem ist Frankfurt gewachsen, zumindest die Zahl der Einwohner*innen. Nicht so die Zahl der Garten- und Grünflächen. Die letzte Neugründung eines Kleingartenvereins erfolgte 2010.

Die Erarbeitung einer neuen Kleingarten- und Freizeitgärtenstrategie für Frankfurt ist im Januar 2017 von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen worden. Seitdem berichtet der Magistrat halbjährlich, dass es keinen nennenswerten Fortschritt in der Ausarbeitung gibt (zuletzt im Bericht B 126 vom 23. April 2019). Eigentlich sollte eine Sicherung der Kleingartenflächen im integrierten Stadtentwicklungskonzept „Frankfurt 2030“ vorgestellt werden. In einem am 13. August 2019 vorgestellten Kompromiss zum Stadtentwicklungskonzept fehlt ein deutliches Bekenntnis für den Erhalt von Gartenflächen.

Dabei wird die Sicherung von innerstädtischen Grünflächen immer wichtiger. Teilweise droht die Überbauung von Klein- und Freizeitgärten, wie das Bauvorhaben Günthersburghöfe zeigt. Investoren liebäugeln gar mit einer großflächigen Wohnbebauung von Gartenflächen in Frankfurt (Projektentwicklungsgesellschaft Instone Real Estate, FNP vom 22.03.2019). Vor dem Hintergrund, dass Bodenwerte durch eine Umwandlung zu Bauland um ein Vielfaches steigen, ist dieses Interesse nicht verwunderlich.

Um einem ökologischen Kahlschlag zu entgehen, dürfen Gärten, die mindestens seit 1983 bestehen oder älter sind, nicht überbaut werden – zumindest nicht ersatzlos. So sieht es das Bundeskleingartengesetz vor. Neuere Gärten oder Dauer- und Freizeitgärten sind von dieser Sicherung ausgeschlossen: Kleingärten können nach §9 Abs. 4 Bundeskleingartengesetz jederzeit geräumt und überbaut werden. In Bebauungsplänen sind (mögliche) Kleingartenanlagen als „Dauerkleingärten“ ausgewiesen. Wo keine planungsrechtlichen Festsetzungen bestehen, könnten Kleingärten einer Bebauung weichen. Auch der Regionale Flächennutzungsplan führt Kleingartenanlagen als „Vorranggebiete Siedlung“ auf und nicht als Gartenflächen.

Neben der ökologischen Funktion sind Gärten, Grün- und Freiflächen wichtig, um den sozialen Zusammenhalt zu stärken. Sie bieten niedrigschwellige Treffpunkte und Orte der Kommunikation. Ein Beispiel für eine weniger exklusive Zugänglichkeit ist das Konzept Grabeland: eine Fläche darf nur mit einjährigen Pflanzen bebaut werden und wird jährlich an neue Interessent*innen vergeben. Dies wird bspw. in Darmstadt-Eberstadt praktiziert.

Andere Städte sichern ihre Gartenflächen mit ganzheitlichen Strategien und Konzepten, beispielsweise Augsburg oder Potsdam. Darin werden unter anderem der zusätzliche zukünftige Bedarf an Kleingärten bei wachsender Bevölkerung prognostiziert und die Verteilung der Gärten im Stadtgebiet kartiert. Nach Borchard sind durchschnittlich 10 bis 17 Quadratmeter Gartenfläche pro Einwohner*in ein Orientierungswert für die städtebauliche Planung. Der Kleingarten-Leitplan für Hessen von 1989 differenziert diese Angaben weiter aus und kommt zu einem Wert von 17 Quadratmetern Gartenfläche pro Einwohner*in für Gemeinden mit mehr als 2.000 Einwohner*innen.

Insgesamt gibt es 104 Kleingartenvereine in Frankfurt, die in einem Dachverband stadtweit organisiert sind („Stadtgruppe“). Diese Stadtgruppe „Frankfurt und Umgebung“ umfasst 14.379 Gärten auf 534 ha. Sie hat ca. 16.000 Mitglieder und ist damit der größte Regionalverband im Landesverband der Kleingärtner*innen in Hessen. Wie die vorhandenen Gärten über das Stadtgebiet verteilt sind und wie diese rechtlich gesichert sind, ist bisher nicht klar. Dabei ist eine (annähernd) gleichmäßige Verteilung über das Stadtgebiet sinnvoll, um allen Bewohner*innen Frankfurts einen nahegelegenen Zugang zu Gärten und damit ein gleichberechtigtes Profitieren von den oben genannten ökologischen und sozialen Vorteilen zu ermöglichen.

Vor diesem Hintergrund wird der Magistrat gebeten, folgende Fragen zu beantworten:

Gärten in der Stadtgruppe

  1. Wie viele Vereine sind zurzeit in der Stadtgruppe zusammen geschlossen?
  2. Wie viele Einzelgärten sind dies?
  3. Wie groß ist die Fläche dieser Gärten insgesamt (in ha)?

Gärten außerhalb der Stadtgruppe

  1. Wie viele Gartenvereine gibt es zurzeit außerhalb der Stadtgruppe?
  2. Wie viele Einzelgärten sind dies?
  3. Wie groß ist die Fläche dieser Gärten insgesamt (in ha)?

Grabeland

  1. Ist der Stadt Frankfurt dieses Konzept bekannt und wie und wo wird es ggf. umgesetzt?
  2. Wie viel Fläche in Frankfurt ist ggf. als Grabeland genutzt?
  3. Wie ist dieses rechtlich gesichert?

Einwohner*innenbezogene Angaben

  1. Wie viel Gartenfläche gibt es pro Einwohner*in in Frankfurt?
  2. Wie verteilen sich alle oben genannten Gartenfläche auf die Stadtteile (bitte in der angefügten Tabelle eintragen)?

Planungen und Erweiterungen

  1. Wie viele neue Gartenanlagen sind geplant und wie groß sollen diese sein?
  2. Wie stellt der Magistrat sicher, dass einer steigenden Zahl an Einwohner*innen nicht immer weniger Gärten und Grünflächen zur Verfügung stehen?
  3. Wie will die Stadt Frankfurt die Gartenflächen – Kleingärten, Freizeitgärten und Grabeland – in Zukunft verbindlich sichern?
  4. Wie stellt der Magistrat sicher, dass die Gartenflächen sich gleichmäßig über das Stadtgebiet verteilen?
  5. In welchem Umfang sollen Kleingärten in den Grüngürtel verlegt und dadurch die Grünflächen in der Stadt insgesamt verringert werden?
  6. Wann ist mit der angekündigten Kleingartenstrategie zu rechnen?
  7. Wie viele Gartenflächen sollen laut der Kleingartenstrategie versiegelt und überbaut werden?

Anfragesteller: Stv. Eyup Yilmaz

DIE LINKE. im Römer
Dominike Pauli und Martin Kliehm
Fraktionsvorsitzende

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