Dass Frankfurt ein sicherer Hafen wird, ist in erster Linie ein Anspruch an sich selbst

35. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 29. August 2019

Aktuelle Stunde zu Frage NR. 2003: Vertritt der Magistrat die Auffassung, die Stadt Frankfurt müsse weitere „Geflüchtete“ aufnehmen, und – falls ja – wo will er diese angesichts der angespannten Wohnungssituation konkret unterbringen?

Stadtverordnetenvorsteher Stephan Siegler:

Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kliehm von den LINKEN. Bitte!

Stadtverordneter Martin Kliehm, LINKE.:

Sehr geehrte Damen und Herren!

Frankfurt wird weitere Geflüchtete aufnehmen, und wenn es nur die elf sind, ob es Ihnen passt oder nicht. Das ist Fakt. Frankfurt ist dabei auch nicht alleine, wenn Frankfurt sich endlich bereit erklären würde, sich auch zum sicheren Hafen zu erklären. Allein in Deutschland gibt es 61 Städte, die diesen Schritt schon gemacht haben, darunter auch Städte wie München, denen ich das wahrlich nicht zugetraut hätte, die offenbar in dieser Hinsicht progressiver sind als die weltoffene, tolerante, internationale Stadt Frankfurt.

Viele, viele andere Städte in Deutschland, aber auch 50 andere europäische Städte, haben sich dazu in einem Netzwerk Solidarity City schon bereit erklärt. Weltweit gibt es von der UN-Flüchtlingsorganisation WithRefugees eine ebensolche Organisation, die sich um den Austausch von Erfahrungen bemüht und Städte sammelt, die bereit sind, Geflüchtete aufzunehmen. Dass Frankfurt ein sicherer Hafen wird, ist in erster Linie mal ein Anspruch an sich selbst. Die GRÜNEN haben es vor einem Jahr Symbolpolitik genannt, inzwischen haben sie ihre Meinung geändert. Es ist ein Anspruch an sich selbst, alles zu tun, um dies in Zukunft zu ermöglichen.

Das heißt, wir müssen Lobby sein gegenüber der Hessischen Landesregierung, der Bundesregierung, bei Horst Seehofer vorsprechen, wie das etliche Oberbürgermeister in einem offenen Brief bereits getan haben, Herr Feldmann. Bezahlbaren Wohnraum zu schaffen gehört sicherlich zu diesen Dingen dazu, die wir tun müssen. Das müssen wir aber sowieso machen. Bezahlbaren Wohnraum für alle Menschen, für Geflüchtete, für linke Wohnprojekte, für Polizistinnen und Polizisten, für Hebammen, für Erzieherinnen und Erzieher. Wir müssen bezahlbaren Wohnraum schaffen. Das ist aber nicht der entscheidende Kern, ob es darum geht, jetzt hier Menschen aufzunehmen. Ich erinnere nur daran, dass die Gebäude von Neckermann zum Beispiel gerade leer stehen, dass dort 2.000 Menschen sofort untergebracht werden könnten.

Ich habe aber die Zahlen genannt, allein in Deutschland sind es 61 Städte, europaweit noch einmal viel mehr. Das heißt, wir reden von einer einstelligen Zahl, die wir in Frankfurt aufnehmen müssen, und da diskutieren Sie ein Jahr lang, ob das geht oder nicht. Der wesentliche Punkt ist, die AfD stellt sich hier hin mit ihrer Obsession, Menschen aufgrund ihrer Religion, Herkunft oder Geschlecht abzuwerten und fragt, ob Frankfurt am Main oder am Mittelmeer liegt. Ich stelle die Frage, können wir jemanden im Mittelmeer ertrinken lassen oder nicht? Können wir etwas dagegen tun? Ich denke, das können wir sehr wohl und da wird es Zeit, sich endlich dazu zu bekennen.

Vielen Dank!

(Beifall)

Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.

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