35. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 29. August 2019
Tagesordnungspunkt 5: Wohnraum durch Aufstockung und Dachausbau schaffen
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Erika Pfreundschuh
Vielen Dank, Herr Baier! Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Yilmaz von der LINKE.-Fraktion. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Bitte schön!
Stadtverordneter Eyup Yilmaz, LINKE.:
Sehr geehrte Frau Vorsteherin,
meine Damen und Herren!
Ja, Herr Dr. Kochsiek, Nachverdichtung und Aufstockung dürfen nicht Mieterinnen und Mieter verdrängen und gentrifizieren. Sie sagen, dass die Bestandsmieter von der Nachverdichtung profitieren werden. Ich erkenne daran, dass Sie gar keine Ahnung von unserer Stadt haben. Das will ich Ihnen an einigen Beispielen erläutern: Herr Pawlik kritisiert die Jahre vor 2016. Aber bis jetzt, lieber Herr Pawlik, haben Sie auch die Leitlinien für bezahlbaren Wohnraum nicht geändert. Es läuft wie vorher. Es wird gebaut, aber nicht bezahlbar.
Durch Nachverdichtung und Aufstockung können laut Magistrat bis zu 19.000 Wohneinheiten entstehen. Sehen wir einige Beispiele an: Im Gallus wird in der Wallauer Straße und in der Knorrstraße aufgestockt, obwohl es da eine Milieuschutzsatzung gibt. Das sind katastrophale Beispiele für die Nachverdichtung. Es wird modernisiert, aufgestockt, nachverdichtet und verdrängt. Gemäß einer Studie der Goethe?Universität ist die Gentrifizierung im Aufwind. Es wurden drei neue Gebäude auf Kinderspielplätzen und auf eine kleine grüne Ecke gebaut. Die neuen Wohnungen werden für 18 Euro pro Quadratmeter vermietet, während die Bestandsmiete sechs bis sieben Euro pro Quadratmeter beträgt. Das alles passiert in einem Milieuschutzsatzungsgebiet, einer ehemaligen öffentlichen Siedung.
Ein anderes Beispiel: Die Platensiedlung versucht der Magistrat gerne als positives Beispiel herauszukehren. Auch hier gab es Sozialwohnungen, die weniger als fünf Euro pro Quadratmeter Miete gekostet haben. Kurz vor dem Mietenstopp der ABG sind die Bindungen ausgelaufen und die Mieten erhöht worden. Jetzt liegen die Bestandsmieten schon bei sechs Euro. Wenn Sie geförderte Wohnungen im Mittelstandprogramm bis zu 10,50 Euro vermieten und dann auch noch frei finanzierte Wohnungen bis zu 11,50 Euro vermieten, dann ist das doppelt so viel wie die Bestandsmiete. Die Wohnungen gehören der stadteigenen ABG. Also haben Sie hier keine Grundstückskosten und die Aufstockung wird durch fertige Module montiert. Das spart Arbeitskosten. Die gesamten Mieten sollten hier eigentlich deutlich günstiger sein.
Aber auch die Infrastruktur kollabiert. Wenn man nachverdichtet, muss auch gleich die Infrastruktur gebaut werden. In den Günthersburghöfen greifen Sie nach dem Gelände der Kleingärten. Die Kleingärten gehören zur grünen Lunge und haben für das Stadtklima große Bedeutung. Geförderte Wohnungen, die dort entstehen sollen, könnten auf den bereits versiegelten Flächen entstehen, ohne dass Sie Umwelt gegen Sozial ausspielen und ohne dass engagierte Nachbarinnen und Nachbarn sowie Kleingärtnerinnen und Kleingärtner als Verhinderer diffamieren.
Die Position Bauen alleine hilft nicht. Es müssen bezahlbare Wohnungen entstehen. Daran halten sich momentan noch nicht einmal öffentliche Wohnungsbaugesellschaften. Im vergangenen Jahr entstanden in dieser Stadt 65 Sozialwohnungen. Zugleich sind fast 1.400 Sozialwohnungen aus der Bindung gefallen. Zwei Drittel der Bevölkerung hat ein Anrecht auf eine geförderte Wohnung. Die tägliche soziale Härte und Brisanz der Verdrängung in dieser Stadt scheint noch nicht bei Ihnen angekommen zu sein. Denn, wenn Sie nicht einmal öffentliche Wohnungsbaugesellschaften in die Pflicht nehmen, wie wollen Sie dann den Bedarf der benötigten Sozialwohnungen decken? Wollen Sie zaubern? Wir brauchen eine Generalmietendeckelung in Frankfurt und in Hessen.
Vielen Dank!
(Beifall)
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