Dublin-III steht für illegale Push-Backs nach Libyen, für Frontex und die Festung Europa

36. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 26. September 2019

Tagesordnungspunkt 9.2: Seenotrettung ist ein Gebot der Humanität – Frankfurt am Main ist ein sicherer Hafen für Geflüchtete

Stadtverordnetenvorsteher Stephan Siegler:

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9., Sicherer Hafen, auf. Zu diesem Thema behandeln wir die Vorlagen NR 898 der FRAKTION sowie NR 973 von CDU, SPD und GRÃœNEN.

Die LINKE.-Fraktion hat den Antrag zur Tagesordnung I gestellt und darf gerne hier vor kommen und den Wortmeldezettel abgeben, damit es vielleicht ein bisschen zügiger zugeht. Es gibt Leute, die müssen morgen auch noch arbeiten. Ich glücklicherweise nicht, ich habe Urlaub. Die erste Wortmeldung ist von Herrn Kliehm von der LINKE.-Fraktion. Bitte schön!

Stadtverordneter Martin Kliehm, LINKE.:

Sehr geehrte Damen und Herren,

sehr geehrte Oberbürgermeister Feldmann!

„Frankfurt wird sicherer Hafen“, so lautet der Betreff unseres Antrags vom 23. Juli 2018. Wenn Sie genau hinschauen, im Antrag der Koalition vom 19.09.2019 steht „Frankfurt ist ein sicherer Hafen“. Nein, Frankfurt ist kein sicherer Hafen. Es muss noch einer werden, das ist ein Anspruch, an sich selbst eine Verpflichtung, sein ganzes Handeln danach auszurichten, da müssen wir noch sehr viel tun. Das einzig Gute an dem Antrag der Koalition – hat ja lange gedauert – ist, dass dort drin steht, dass sich Frankfurt endlich zum sicheren Hafen erklärt. Was das bedeutet, erkläre ich gleich noch. Und die Aufforderung an Bund und Land ist etwas deutlicher formuliert, als das bisher der Fall war. Aber ansonsten will sich Frankfurt mit dem Siegel sicherer Hafen schmücken, ohne es inhaltlich zu füllen. Das Signal, wir sind bereit mehr zu tun, als es die bestehenden Regeln vorschreiben, bleibt aus. Man zieht sich zurück. Man zieht sich zurück auf Deutschland bezogen, auf den Königsteiner Schlüssel, und da schon, ich zitiere, „unter Aufbietung aller Kräfte der Kommune“. Auf Europa zieht man sich zurück, bezogen auf die Dublin-Abkommen, ich zitiere, „nach geltendem Recht an die Mitgliedsstaaten weiterverteilt“. Aber Dublin-III steht für illegale Push-Backs nach Libyen, für Frontex und die Festung Europa, für Not und Armut gerade in den Ländern von Südeuropa.

Sicherer Hafen bedeutet aber: Wir als Kommune setzen ein Zeichen gegen die rigorose Abschottungspolitik der EU und gegen Neofaschisten wie Matteo Salvini. In dem wir als Stadt unterschreiben, zeigen wir unseren Willen, dass wir bereit sind, mehr zu tun, das ist das, was ich an diesem Antrag vermisse. Aber ich habe es anfangs gesagt, es steht drin, Frankfurt erklärt sich zum sicheren Hafen. Dann nehme ich Peter Feldmann beim Wort, du hast das letzte Mal in der Sitzung gesagt, als Privatperson würdest du die Petition unterschreiben, aber du hast nicht das Mandat der Stadtverordnetenversammlung. Jetzt hast du es. Jetzt haben wir den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, dass Frankfurt sicherer Hafen wird.

Da nehme ich auch alle vom Magistrat in die Verantwortung. Das heißt nicht nur, dass es auf dem Papier steht, sondern das heißt, dass man jetzt aktiv werden muss, dass man dem Netzwerk „Sicherer Hafen“ beitritt, dass man dem Städtebund „Sicherer Hafen“, wo viele deutsche Städte drin sind, beitritt, dass man Solidarity Cities beitritt, dass man sich mit diesen austauscht, und bei dem nächsten offenen Brief von Oberbürgermeistern – bisher von Köln, Düsseldorf, Dortmund, Nürnberg, Kiel und vielen anderen Städten – an Bundesinnenminister Seehofer, dass mehr getan werden muss, dass sich über das Dublin-Abkommen hinaus Städte bereit erklären, Menschen aufzunehmen, und dass das ermöglicht werden muss. Da erwarte ich, dass in Zukunft auch die Unterschrift von Peter Feldmann darunter ist.

Vielen Dank!

(Beifall)

Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.

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