Dringlicher Antrag der Fraktion DIE LINKE. im Römer gemäß § 17 (3) GOS
Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
- Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Frankfurt verurteilt den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg und die Besetzung von Teilen Nordsyriens durch den NATO-Mitgliedstaat Türkei.
- Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Frankfurt ruft die Bundesregierung dazu auf,
- alle deutschen Rüstungsexporte an die Türkei zu stoppen und keine weiteren zu genehmigen,
- innerhalb der Europäischen Union ein Waffenembargo durchzusetzen,
politischen und diplomatischen Druck für die Wiederaufnahme der 2015 abgebrochenen kurdisch-türkischen Friedensgespräche auszuüben, - die Demokratische Föderation Nordsyrien anzuerkennen und die demokratische Selbstverwaltung zu unterstützen,
- humanitäre Hilfe für Nordsyrien, insbesondere für Verwundete und Geflüchtete zu leisten,
- in der EU die Aufkündigung des Flüchtlingsdeals mit der Türkei durchzusetzen,
- die Kriminalisierung der legitimen Vertreter*innen des kurdischen Volkes zu beenden,
- Verbot der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) aufheben.
- Der Magistrat wird aufgefordert, alle Maßnahmen zu ergreifen, um Verwundete und Geflüchtete aus Nordsyrien aufzunehmen.
- Der Magistrat wird aufgefordert Gespräche mit den Repräsentant*innen der Demokratischen Föderation Nordsyrien über mögliche Städtepartnerschaften in der Region zu führen – zum Bespiel eine Partnerschaft mit Kobanê.
Begründung:
Die Türkei hat Anfang Oktober 2019 erneut einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die selbstverwaltete Region im Norden Syriens begonnen. Die türkische Armee ist mitsamt ihren Söldner*innen, bestehend aus islamistischen Terrorgruppen, bis zu 30 Kilometer in das Gebiet der Demokratischen Föderation Nordsyrien (Rojava) einmarschiert und hat dieses besetzt. Die Türkei hat mit Duldung der NATO-Partner zivile Ziele bombardiert, darunter ein Krankenhaus und Krankentransporte. Hunderte Zivilist*innen wurden getötet. Tausende Menschen sind seitdem auf der Flucht.
Schon mit der Besetzung und Annektierung des Kantons Afrin sorgte die Türkei für Instabilität und eine humanitären Katastrophe. Wo zuvor Menschen verschiedener Religionen und Ethnien friedlich zusammen lebten, herrscht heute islamistischer Terror. Menschenrechtsverletzungen gehören zur Tagesordnung.
Menschrechtsverletzungen und Terror sind integraler Bestandteil der Staatspolitik des NATO-Landes Türkei. Bereits 2014 hatten islamistische Terrorgruppen mithilfe des NATO-Mitglieds Türkei in Nordsyrien Jesid*innen ermordet, verschleppt und versklavt, bis die Einheiten der YPG und YPJ die Dschihadisten besiegten und das besetzte Kobanê, später Raqqa befreiten. Damals waren die geostrategischen Interessen der Bundesregierung anders gelagert und sie sah in der YPG und YPJ Bündnispartner.
Die Bundesregierung droht nun mit einem Waffenlieferungsstopp. Ein Stopp deutscher Rüstungsexporte würde jedoch erst in 5-10 Jahren Auswirkungen zeigen, da genehmigte Waffen dennoch geliefert werden und allein im Jahre 2019 schon vor Ablauf des Kalenderjahres der Waffenexport auf einem Rekordhoch von über 250 Millionen Euro liegt. Gleichermaßen bekundet die Bundesregierung immer wieder, dass die Türkei ein berechtigtes Sicherheitsinteresse habe und misst somit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Türkei eine Legitimation zu.
Ebenso werden Menschen, die damals als politische Flüchtlinge aus der Türkei kamen, wieder vom deutschen Rechtsstaat juristisch verfolgt. Die Bundesregierung führt Rechtsangelegenheiten im Namen der Türkei aus und kriminalisiert diejenigen, die hier Schutz vor den Repressionen des türkischen Staates gesucht haben. Die Bundesregierung unterstützt somit aktiv den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Türkei, sowohl militärisch, als auch argumentativ und juristisch. Wegen der Mitverantwortung des deutschen Staates am Krieg in Nordsyrien muss die Stadtverordnetenversammlung als Repräsentantin der Frankfurter*innen ein klares friedenspolitisches Zeichen setzen und sich mit der kurdischen Bevölkerung und ihrer demokratischen Bewegung solidarisieren.
DIE LINKE. im Römer
Dominike Pauli und Martin Kliehm
Fraktionsvorsitzende
Antragsteller*innen
- Stadtv. Ayse Dalhoff
- Stadtv. Dominike Pauli
- Stadtv. Eyup Yilmaz
- Stadtv. Martin Kliehm
- Stadtv. Merve Ayyildiz
- Stadtv. Michael Müller
- Stadtv. Monika Christann
- Stadtv. Pearl Hahn