37. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 7. November 2019
Tagesordnungspunkt 5: Frankfurt 2030+: Wachstum nachhaltig gestalten – urbane Qualität stärken – Integriertes Stadtentwicklungskonzept
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Erika Pfreundschuh:
Vielen Dank, Herr Dr. Kochsiek! Das Wort hat Herr Yilmaz von den LINKEN. und danach Herr Mathias Mund von der BFF. Bitte schön!
Stadtverordneter Eyup Yilmaz, LINKE.:
Sehr geehrte Frau Vorsteherin,
meine Damen und Herren!
Wir lehnen das sogenannte Stadtentwicklungskonzept 2030+ ab.
Erst einmal verdient dieses Stadtentwicklungskonzept seinen Namen nicht. Die Koalition beschließt mit einem Kompromiss das Stadtentwicklungskonzept. Das Konzept bleibt weiterhin vage und lässt keine genauen Rückschlüsse auf konkrete Maßnahmen zu. Eine Vision, wie Frankfurt 2030 aussehen soll, bietet es nicht. Die zentrale Frage im Wohnungsbau nämlich, für wen gebaut werden soll, bleibt unbeantwortet.
Diese These, „weil zu wenig gebaut wird, gibt es keine bezahlbaren Wohnungen“, ist nicht richtig. Es wird zwar im Rekord gebaut, aber nicht sozial und nicht bezahlbar. Sie haben die Wohnungen, ein lebenswichtiges Grundbedürfnis für die Menschen, zur Ware gemacht. Wer Geld hat, kann es sich leisten. Wer niedrig oder normal verdient, kann kaum eine bezahlbare Wohnung finden. Dabei hat zwei Drittel der Bevölkerung ein Anrecht auf eine geförderte Wohnung. Zugleich werden kaum noch soziale Wohnungen neu gebaut. Im letzten Jahr waren es gerade einmal 65 Stück. Dagegen sind im vergangenen Jahr etwa 1.400 soziale Wohnungen aus der Bindung gefallen. Es wundert mich nicht, wenn die CDU, Herr Dr. Kochsiek, Eigentumswohnungen fördert.
Meine Damen und Herren, wenn Sie nicht bereit sind, in dem Neubaugebiet sozial und bezahlbar zu bauen, dann frage ich den Magistrat: Wie wollen Sie diese Lücke schließen? Und ich frage Sie, Herr Josef: Wie wollen Sie bitte schön denn die nötigen sozialen und bezahlbaren Wohnungen schaffen?
Im Stadtentwicklungsplan setzen Sie auf Innenentwicklung, also Nachverdichtung und Aufstockung. Wir sehen doch, nach jeder Nachverdichtung und Aufstockung steigen die Mieten im Bestand enorm an und die angestammte Bevölkerung wird verdrängt und gentrifiziert. Daher brauchen wir für solche Konzepte zuerst einen allgemeinen Mietendeckel. Nur so kann verhindert werden, dass die angestammten Bewohner verdrängt werden, und die Mieten bezahlbar bleiben.
Mit dem Stadtentwicklungskonzept ist ein Umdenken nicht zu erwarten. Der öffentliche Grund und Boden bleibt weiterhin Spekulationsobjekt Nummer eins in Frankfurt. Stadtrat Josef war gemeinsam mit dem Amtskollegen Herrn Schneider neulich auf der internationalen Messe in München. Sie haben dort Neubaugebiete für die Privatinvestition beworben und das unterstreicht die Vision, die sie für Frankfurt haben, nämlich eine Stadt für Reiche. Bei der Vergabeplanung von großen Baugebieten wird alles für die eigene Partei und Investoreninteressen entschieden.
Wir haben zurzeit über drei Konzepte im Rhein-Main-Gebiet zu entscheiden: Erstens, Frankfurter Bogen von Herrn Tarek Al-Wazir, zweitens Regionalkonzept von Albert Speer + Partner entwickelt und drittens das Konzept von Herrn Josef. Bei allen drei Konzepten spielt bezahlbare Mobilität nicht die geringste Rolle. Ich sage Ihnen deutlich: Alle drei Konzepte sind unvereinbar, Chaos ist vorprogrammiert.
Zum Beispiel ist in dem regionalen Entwicklungskonzept der Pfingstberg deutlich als zukünftiges Baugebiet ausgewiesen, aber in dem Stadtentwicklungskonzept nicht. Dies will die CDU nicht antasten, denn die Interessen der eigenen Partei gehen vor den Interessen der Gesamtstadt. Schauen wir auch einmal auf das Neubaugebiet an der A 5. Die GRÜNEN und auch die CDU in der Regionalversammlung lehnen es ab.
Auch für ökologische und klimatische Fragen brauchen wir durchgreifende, klare und zukunftsweisende Strategien. Davon findet sich im Stadtentwicklungskonzept keine konkrete Spur. Nach dem neuen Wohnhochhausbau brauchen wir enorme weitere Infrastrukturen. Davon stehen in dem Konzept kaum Hinweise. Es gibt keinen verbindlichen Hochhausrahmenplan. Ein Hochhaus nach dem anderen schießt in den Himmel, ohne Konzept, ohne Regel.
Diese Koalition ist unfähig. Statt zusammenzuarbeiten, arbeiten Sie gegeneinander und die Leidtragenden sind die Menschen, die dringend Lösungen für soziale und bezahlbare Wohnungen, Ökologie, Klimanotstand, Verkehr und mehr Infrastruktur in Frankfurt erwarten.
Wir als LINKE stehen für eine grundsätzlich andere soziale Wohnungspolitik. Unsere Vision für Frankfurt bis 2030 und darüber hinaus ist eine wesentliche soziale, grüne und offene Stadt, in der die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger ernst genommen werden, eine Stadt nicht nur für Privilegierte, sondern eine Stadt für alle.
Vielen Dank!
(Beifall)
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