Wo früher kritische Theorie gelehrt wurde, entsteht jetzt Luxuswohnungsraum

37. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 7. November 2019

Aktuelle Stunde zu Frage NR. 2137: Für wann ist das nächste Gespräch der Vertreter*innen der Stadt Frankfurt und des Hessischen Ministeriums terminiert und welche Aussichten für gemeinsam genutzte Räume von Hochschule und Frankfurter Institutionen sind zu erwarten?

Stadtverordnetenvorsteher Stephan Siegler:

Vielen Dank, Herr Emmerling! Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Müller von der LINKE.‑Fraktion. Bitte schön!

Stadtverordneter Michael Müller, LINKE.:

Herr Vorsteher,

meine sehr geehrten Damen und Herren!

Die nächste Never-ending-Story in dieser Stadt, der Kulturcampus. Dort sollen unter einem Dach, wir wissen es alle, in Bockenheim verschiedene Kulturinstitutionen von teils internationalem Rang unter einem Dach gebündelt werden: Ensemble Modern, Dresden Frankfurt Dance Company, das LAB und die Hochschule. Ja, seit 2004 gibt es einen Rahmenplan für diesen Kulturcampus. Ursprünglich gab es einmal die Debatten, dass bis 2016 dieser Kulturcampus fertig sein soll. Na ja, jetzt ist Ende 2019 – wir sind noch nicht sehr weit gekommen. Allerdings, was tatsächlich verwirklicht wurde auf diesem Areal oder in diesem Gebäude, sind recht spektakuläre Projekte der privaten Wohnungswirtschaft, ich muss es hier sagen, wie zum Beispiel der Luxuswohnungsturm auf dem ehemaligen AfE-Turm-Areal. Die ABG Holding hat dieses Areal verkauft, der Wohnturm wurde dann sofort hochgezogen und wird jetzt für relativ viel Geld vermietet. Meiner Meinung nach ist das Ausdruck eines kolossalen Versagens der Stadtentwicklung an diesem doch so wichtigen Ort für Frankfurt. Ja, der Kulturcampus wird hier irgendwann entstehen, aber zur Realität gehört dazu, dass daneben ein Luxuswohnhochhaus, ein Luxushotel stehen wird. Ja, dort wo früher kritische Theorie gelehrt wurde, entsteht jetzt Luxuswohnungsraum, der nicht gebraucht wird in dieser Stadt.

(Beifall)

Ich finde, das ist auch Ausdruck für vieles, was falsch läuft in dieser Gesellschaft, in einer Gesellschaft, in der die Spaltung zwischen Arm und Reich immer mehr zunimmt, ja, am Kulturcampus wird es sichtbar, wenn in direkter Nachbarschaft dieses Projekt realisiert wurde. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Ich hoffe, dass die Kultureinrichtungen am Kulturcampus diesen Widerspruch, dieses Zerrbild dann auch aufnehmen und aufbereiten. Denn viele Menschen warten darauf. Leere Versprechungen, Vertröstungen, ja, nicht nur die Kulturschaffenden werden und wurden vertröstet, auch all diejenigen, die genossenschaftliches Wohnen dort realisieren wollten, wurden vertröstet. Das ist Untätigkeit, die skandalös ist. Es ist ein Skandal, dass hier zu wenig passiert, dass es viel zu lange dauert. Das ist ein Versäumnis der Politik. Noch einmal: Wenn Luxuswohntürme in dieser Stadt realisiert werden, dann geht es immer ganz schnell. Das muss uns zu denken geben.

Vielen Dank!

(Beifall)

Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.

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