Frankfurter*innen haben ein Anrecht auf die großartigen Bühnen

39. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 30. Januar 2020

Tagesordnungspunkt 5: Keine Sanierung der Städtischen Bühnen

Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher Ulrich Baier:

Als Nächster bitte schön Herr Kliehm für die LINKE-Fraktion. Danach folgen Herr Wehnemann für die FRAKTION, Herr Zieran und Frau Ditfurth. Bitte!

Stadtverordneter Martin Kliehm, LINKE.:

Sehr geehrte Damen und Herren!

Die Städtischen Bühnen sind nicht sanierbar. Das war absehbar, eigentlich spätestens seit 2017. Wir haben Begehungen gemacht, wir haben Gespräche mit Beschäftigten geführt, mit dem Betriebsrat, es gab die Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum. Wir haben die Ausschussreise des Kulturausschusses gemacht. Dass wir mit dem 60er-Jahre-Bau und den räumlichen Gegebenheiten für Klimaanlagen, Heizungsanlage, Brandschutz da nicht weiterkommen – auch in Bezug auf die Arbeitsplatzrichtlinien -, weil da so viele Emotionen auch dranhängen, sollte uns seit 2017 klargewesen sein.

Jetzt haben wir 2020 und ich danke ganz besonders der Kulturdezernentin, dass sie das Thema vorangetrieben hat, dass die Stabsstelle eingerichtet wurde, dass ein weitergehendes Gutachten erstellt wurde. Seien wir ehrlich: Herr Semmelroth hätte das vielleicht geschafft, aber seine eigene Fraktion hätte ihn dabei blockiert. Wir hätten niemals dieses Gutachten, niemals das Ergebnis wie wir es jetzt haben. Die CDU hätte es so lange blockiert, bis Markus Frank einen privaten Musicalbetreiber gefunden hätte, der am Kaiserlei Investitionen hätte machen wollen als Ersatz für eine ausgezeichnete Oper und ein Theater im Zentrum der Stadt.

Denn eine Stadt wie Frankfurt braucht ein zentrales, ein kritisches Theater. Das kann gesellschaftliche Fragen aufgreifen und zur Debatte beitragen. Wir haben es ganz klar gesehen unter Oliver Reese mit den Flüchtlingen, wie sehr aktuelle Themen dort aufgegriffen werden können. Das kann ein Theater leisten. Und damit kann es auch Strahlkraft über die 380.000 Besucher und Besucherinnen hinaus entwickeln, in die Stadtgesellschaft hinein. Das kann ein Theater leisten, wenn es denn die Bochumer Provinz hinter sich lässt.

Der Willy-Brandt-Platz ist der zentrale und zentral erschlossene Platz in dieser Stadt. Neben der Hauptwache und dem Hauptbahnhof, würde ich sagen, der bestangeschlossene Platz mit sechs U-Bahn-Linien, mit drei Straßenbahn-Linien – der ist extrem gut angeschlossen. Es ist aber auch das kulturelle Zentrum dieser Stadt und das Gegengewicht zum Museumsufer. Und er ist öffentlicher Raum in den geschützten Wallanlagen. Dieser Platz gehört den Frankfurterinnen und Frankfurtern – nicht etwa den Banken und Spekulanten. Deswegen muss ein Neubau unbedingt dort bleiben.

Wenn die Synergien einer Doppelanlage es wirtschaftlich und logistisch nicht zulassen, wenn sie zu aufwendig sind, dann müssen wir über einen zweiten Neubau an einem anderen Ort reden, aber wir sind es dem Publikum und den Mitarbeitenden schuldig, dass dieser Neubau ebenso zentral und gut angebunden ist. Man muss es auch dort, wenn vormittags Proben sind und abends die Aufführungen, den Mitarbeitenden ermöglichen, dass sie dort gut hin- und wieder wegkommen.

Ein kommerzieller Bau am Willy‑Brandt‑Platz mit einem Alibi‑Weltkulturenmuseum kommt für uns nicht infrage. Schauen Sie sich das doch einmal an, das Weltkulturen Museum hat momentan 23.000 Besucherinnen und Besucher. Die Städtischen Bühnen – ich habe es gerade genannt – insgesamt 380.000. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, dass wir ein so zentrales wichtiges Grundstück für so eine kleine Kultureinrichtung verkaufen möchten.

Die CDU macht damit ein Geschenk, nicht nur an die Spekulanten in der Innenstadt, sie möchte auch gleich mit dem Raab‑Karcher‑Gelände ein Geschenk an die Spekulanten am Hafenplatz machen. In dem Artikel, den Sie zitiert haben, wurde gesagt, dass heute da schon der Quadratmeterpreis bei 10.000 Euro liegt. Vielen Dank, der wird jetzt vielleicht noch einmal gestiegen sein, wenn sie eine schöne Oper davor gebaut bekommen.

Was die CDU aber damit bezweckt, ist die Einnahmenseite zu erhöhen, denn 500 Millionen Euro plus Interimsspielstätte plus Preissteigerung – also bei insgesamt 800 Millionen Euro sind wir jetzt gerade -, das ist ein riesiger Batzen. Ich sehe da aber bei der Einnahmenseite nicht private Investoren oder dass wir Tafelsilber der Stadt Frankfurt verkaufen, sondern ich sehe da insbesondere das Land in der Verantwortung. Es wurde vorhin gesagt, dass 60 Prozent der Besucherinnen und Besucher von auswärts kommen. Das muss sich dann auch in der Finanzierung widerspiegeln.

Sebastian Popp, ich muss dir auch recht geben, wir reden jetzt die ganze Zeit nur über Millionenbeträge, wir müssen auch einmal über die Inhalte reden. Wie viele Plätze soll so ein Theater haben? Soll dort eine experimentelle Bühne sein? Soll es dort zwei oder drei Bühnen geben? Was soll dort überhaupt aufgeführt werden? Wir haben bei den Besuchen in Oslo und in Kopenhagen gesehen, dass für ein Sprechtheater eine ganz andere Raumstruktur gebraucht wird als für eine Oper und wieder eine andere für ein Ballett möglicherweise. Da braucht man nicht nur einen Tanzboden, sondern da muss man auch noch in der Lage sein, von der letzten Reihe aus irgendetwas zu erkennen. Das gibt doch dann vor, was dort gebaut werden muss.

Wir haben in Oslo gesehen, dass es ganz essenziell ist, ob man ein oder zwei Vorstellungen am Tag machen möchte. Vormittags die Kindervorstellung, abends eine andere Vorstellung, da muss man natürlich im Hintergrund, auf der Hinterbühne große bewegliche Technik haben. Wenn ich nur eine Vorstellung pro Tag haben möchte, brauche ich weniger Technik, das ist billiger.

Das heißt also, wir müssen über die Inhalte reden, wir müssen darüber reden, wie wir eigentlich diese Transparenz erreichen wollen. Da würde ich vielleicht ein Zitat anregen an dieses große Glasfoyer, das wir alle liebgewonnen haben, vielleicht mit den Goldwolken noch dabei. Es kann gerne ein Zitat sein, nur wir müssen uns jetzt darüber klar werden. Ja, eine Sanierung ist nicht möglich. Wir müssen uns darüber klar werden, was mögliche Standorte sein könnten, dann müssen wir uns darüber klar werden, was dort eigentlich geschehen soll. Dann können wir anfangen, dort Preisschilder dranzukleben.

Also bitte, spätestens in der nächsten Wahlperiode muss da mal etwas geschehen, wir können es nicht noch Ewigkeiten vor uns herschieben. Das geht jetzt seit 2014 so. Die Frankfurterinnen und Frankfurter haben ein Anrecht auf die großartigen Bühnen und wir können die nicht weiter verfallen lassen.

Danke sehr!

(Beifall)

Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.

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