Willy‑Brandt‑Platz ist der zentrale Ort für das Schauspiel

39. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 30. Januar 2020

Tagesordnungspunkt 5: Keine Sanierung der Städtischen Bühnen

Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher Ulrich Baier:

Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Müller von der LINKE.‑Fraktion. Bitte schön!

Stadtverordneter Michael Müller, LINKE.:

Herr Vorsteher,

meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich könnte jetzt meine Rede mit der Frage beginnen, wo ist Bilbao? Ich könnte auch noch weitere Fragen stellen. Insgesamt hatte ich jetzt gerade den Eindruck, dass Politik eben nicht selten auch ein großes Schauspiel ist und hier eine riesen Bühne ist, nichts anderes war das. Es war also sehr unterhaltsam, es war amüsant, teilweise selbstgerecht, aber ich glaube, es wurde der Sache eigentlich nicht mehr gerecht. Was aber deutlich wurde am Anfang dieser etwas lahmen Debatte, es gab schlicht gar keinen Applaus. Eigentlich eine müde Performance, muss man sagen.

Ich muss sagen, was deutlich wurde, dass diese Koalition wenig Einigkeit hat. Das Einzige, was deutlich wurde, dass die Position der CDU und die Position von Jan Schneider sehr isoliert ist. Das ist zumindest das Positive, denn das, was Jan Schneider natürlich versucht hat mit dem neuen Standort, den er ins Spiel gebracht hat, ist etwas, was Gott sei Dank von SPD und GRÜNEN zurückgewiesen wird. Das ist die richtige Richtung. Es ist der falsche Weg, wenn man den Weg von CDU und Jan Schneider einschlägt, wenn man quasi versucht, hier neue Wege zu gehen, wenn Sie tatsächlich dann auch das Ostend heranziehen und sagen, da entsteht ein Hotel, da entstehen Wohnungen, das wird bestimmt super urban, da bauen wir vielleicht das Schauspiel. Nein, wir sollten uns darauf verständigen, der zentrale Ort ist die Mitte dieser Stadt, das ist der Willy‑Brandt‑Platz. Und da ist es völlig unerheblich, ob man ihn Theaterplatz nennt oder Willy‑Brandt‑Platz. Das ist der zentrale Ort für das Schauspiel in Frankfurt und das soll er auch bleiben.

(Beifall)

Herr Schneider, auch sehr schön war, dass ihr eine Absage für den absurden Vorschlag bekommen habt, einen Beirat einzusetzen. Sie konnten nicht einmal genau begründen, warum Sie das wollen.

(Beifall)

Ich finde, die Debatte muss hier geführt und nicht ausgelagert werden. Das ist ein Politikverständnis, das Sie haben können, das nicht meines ist, und Gott sei Dank auch nicht das der Mehrheit des Hauses hier, dass man Beiräte gründet. Die Debatte muss hier geführt werden. Auch wenn es manchmal theatralisch ist, auch wenn es anstrengend ist, wenn es schrill ist, gehört es hierher und nicht outgesourct in einen Beirat, meine Damen und Herren.

(Beifall)

Wenn wir doch einmal ehrlich sind, warum führen wir die schwierige Debatte? Übrigens wurde viel von Gesamtverantwortung gesprochen, und ja, wir haben sie für dieses Mammutprojekt, weil wir es den Menschen nämlich klarmachen müssen, warum es sinnvoll und notwendig ist, viel Geld zu investieren für Kunst. Herr Zieran, wir dürfen es auch nicht gegeneinander stellen. Ich möchte beides, die kleinen Theater, die freie Szene, aber wir brauchen auch Schauspiel und Bühne und Oper.

(Beifall)

Es geht auch nicht darum, dass wir, wenn dieses Schauspielhaus gebaut wird, über die Architektur reden. Das ist doch die Hülle. Die Art und Weise wie die Kunst, wie die Kultur den Kapitalismus, das System, die Gegenwart infrage stellt, bemisst sich doch nicht an der Architektur, sondern an dem, was die Kulturschaffenden leisten, an dem, wie es eine Wechselwirkung gibt mit dem Publikum. Von daher ist es doch richtig, was Frau Hartwig gesagt hat, dass dort der richtige Platz ist, im Zentrum der Stadt quasi, angesichts der großen Bankentürme führen wir diese Debatte, aber sie wird auf den Bühnen geführt und doch nicht transportiert über Hüllen, über Architektur. Das ist doch viel zu kurz gedacht.

(Beifall)

Letzter Punkt. Wissen Sie, warum wir diese schreckliche Debatte führen über Standorte? Ja, es gibt kaum noch Standorte. Ich sage Ihnen auch etwas, liebe CDU, liebe GRÜNEN, wir hätten einen Standort gehabt, das Polizeipräsidium, der wäre tauglich gewesen. Leider hat die Landesregierung hier einen anderen Weg eingeschlagen, sie hat es vermarktet. Es wurde schon gesagt, dass das möglich gewesen wäre. Es gibt immer weniger Standorte und das macht es so schwierig in der Debatte, aber wir müssen darum kämpfen. Eingriffe natürlich in Grünanlagen müssen wir dann vermeiden. Ansonsten, glaube ich, sollten wir den Weg weitergehen, aber ich befürchte, dass Sie in dieser Dreierkonstellation, in Ihrer Uneinigkeit, in dieser Vielstimmigkeit, die manchmal gut ist im Theater, kein Ergebnis erreichen werden. Von daher, glaube ich, werden wir mit dieser Dreierkoalition keine Ergebnisse in dieser wichtigen Frage bekommen.

(Beifall)

Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.

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