Polizeigewalt sehen! Und nicht permanent bis zum Hals im Hintern der Polizei stecken

47. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 3. September 2020

Aktuelle Stunde zu Frage Nr. 2723: Welche Maßnahmen wird der Magistrat ergreifen, um die Frankfurter Bevölkerung vor Polizeigewalt zu schützen?

Stadtverordnetenvorsteher Stephan Siegler:

Vielen Dank, Herr Stadtrat Schneider!

Damit ist diese Aktuelle Stunde zu Ende.

Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde zur Frage Nr. 2723, angemeldet von der LINKEN., zum Thema Rassismus. Die erste Wortmeldung ist von Herrn Kliehm von der LINKEN. Bitte!

Stadtverordneter Martin Kliehm, LINKE.:

Sehr geehrte Damen und Herren!

Mit großer Regelmäßigkeit lesen wir inzwischen negative Schlagzeilen von der hessischen Polizei und zwar nicht nur in der Frankfurter Rundschau, auch in der FAZ, in der Neuen Presse, in der Zeit, in der Süddeutschen. Wir lesen von Polizeigewalt in Alt‑Sachsenhausen, im Gallus, in Eschborn und in Ingelheim, von rechten Netzwerken bei der Polizei, von Drohbriefen aus den Reihen der Polizei, von illegalen Abfragen vertraulicher Daten aus Revieren in Frankfurt, Wiesbaden, Hamburg und Berlin, und das über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren hinweg, wo uns der Polizeipräsident im Februar 2019 versprochen hat, dass dies nicht mehr vorkommen wird. Wir lesen von schlampigen Ermittlungen im Mordfall Lübcke und bei Brandanschlägen eines Spenders der AfD auf linke Zentren in Frankfurt. Und in letzter Zeit lesen wir auch von Bedrohungen von Zeuginnen und Zeugen. Und Herr Frank will uns immer noch klarmachen, dass es alles nur Einzelfälle sind. Damit kommen Sie nicht mehr durch.

(Beifall)

Immer häufiger werden diese Übergriffe auf Video dokumentiert, und zwar nicht auf den offiziellen Polizeivideos, die seit 2013 Bodycams mit sich führt. Das heißt, sie hatten sieben Jahre Zeit festzustellen, dass der Akku, wie uns der Polizeipräsident gesagt hat, nur sechs bis acht Stunden hält, das heißt, um vier Uhr ist Sense, die Batterie ist leer und ausgerechnet dann zu der Zeit um fünf Uhr, wenn die ganzen Kneipen geräumt werden, dann ist der Akku gerade leer. Das kann doch nicht sein. Da muss man doch damit rechnen als Polizistin und Polizist und einen entsprechenden Ersatzakku oder eine zweite Kamera mit sich führen.

Das alles wird aber nur privat dokumentiert, wenn am Boden fixierte Menschen in Nieren und Gesicht getreten werden von Leuten, die eine Kampfausbildung haben und Springerstiefel tragen. Im normalen Leben wäre das versuchter Totschlag. Und dann stellen Sie sich hier hin, und die CDU wird dies wieder machen, wir haben die übliche Liste von Verdächtigen auf der Rednerliste. Die CDU betreibt dann eine Täter-Opfer-Umkehr. Auf einmal ist nicht mehr die Polizeigewalt das Thema, sondern Gewalt gegen Polizei, und da übersehen Sie zum Beispiel, dass 2017 die §§ 113 und 114 Strafgesetzbuch verschärft wurden, sodass inzwischen etwas ganz anderes als Gewalt gegen Polizei gilt. Die bayerische Polizei zählt Beleidigungen dazu, Widerstand, tätlichen Angriff. Das alles ist angeblich alles Gewalt gegen die Polizei. Da wird noch nicht einmal differenziert zwischen versuchtem und vollendetem Widerstand.

Wir haben ein Polizeiproblem, und Aufgabe der Demokratie ist die Kontrolle der Exekutive, wie Sie das mit Peter Feldmann machen und nicht etwa, wie Sie das gegenüber der Polizei betreiben. Sie könnten vielleicht den Betroffenen etwas besser zuhören und diese Fälle von Polizeigewalt sehen, wenn Sie nicht permanent bis zum Hals im Hintern der Polizei stecken würden.

(Beifall)

Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.

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