Wahl zur Bürgermeister*in

5. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 05. August 2021 – TOP 7 Wahl Bürgermeister*in

Stadtverordneter Michael Müller, LINKE.:

Herr Vorsteher,
meine sehr geehrten Damen und Herren!
Vielen Dank, Herr Becker!
Ich wollte meine Rede eigentlich beginnen mit einer Debatte über den Aufbruch der Koalition, aber auch ich möchte noch ein paar Worte zu Herrn Mund verlieren. Das, was Sie gesagt haben, war schäbig, und ich sage es Ihnen noch einmal ganz deutlich in das Gesicht: Es sind nicht Moscheen, die den sozialen Zusammenhalt oder den sozialen Frieden gefährden, es sind Menschen wie Sie, es sind Parteien wie Sie. Es ist rechte Hetze, die von Ihnen kommt, und das darf nicht unwidersprochen bleiben. Es ist gut, dass es hier im Haus einen breiten Konsens gibt, dass wir das nicht zulassen werden.

(Beifall)

Außerdem eine Korrektur zur FDP: Ja, wir führen auch politische Diskussionen mit der
Opposition, aber es gibt Parteien, die disqualifizieren sich dafür – und Herr Mund, Sie haben sich heute disqualifiziert.

(Beifall)

Lassen Sie mich jetzt bitte noch einmal kurz zu der Rede zurückkommen. Es ist vielleicht
ein bisschen schwierig, aber ich möchte trotzdem noch etwas sagen. Von Aufbruch
war die Rede, aber den sehe ich nicht in dieser Koalition, sondern auf den ersten Metern
sind Sie sichtlich in das Straucheln gekommen und haben sich irgendwie über die Ziellinie gerettet, und man merkt doch immer mehr, das passt auch nicht zusammen. Es passt nicht zusammen, weil Sie nicht in die gleiche Richtung gehen. Es wird eine Koalition der Widersprüche bleiben, weil Ihnen das gemeinsame Ziel fehlt. Liebe GRÜNE, liebe SPD, Ihnen fehlte der Mut, Mut wird ganz häufig zitiert in diesen Debatten, alles muss von Mut geprägt sein, aber Sie hatten schlicht nicht den Mut, Ihre Wahlversprechen mit den richtigen Partnern umzusetzen. Die CDU durch die FDP zu ersetzen, ist das Gegenteil von Mut. Das ist ungefähr so mutig, wie jetzt noch daran zu glauben, dass Armin Laschet in das Kanzleramt einzieht. Ich darf noch einmal daran erinnern, am 24. September findet wieder ein Klimastreik statt in Frankfurt, bundesweit. Unter dem Motto „Es ist auch meine Krise“ gehen wieder Tausende Menschen auf die Straße, und das ist richtig. Sie wollen eine Politik, die accountable ist, die die Sorgen Ernst nimmt. Wie sagen Sie das den Menschen, liebe GRÜNE, liebe SPD, liebe Volt, dass Sie mit dem Fossil der FDP koalieren und allen Ernstes Klimaschutz mit dieser Partei durchsetzen wollen? Das glaubt Ihnen niemand, und Sie werden damit auch in Frankfurt scheitern. Schauen Sie doch einmal nach München, da findet jetzt die IAA Mobility statt. Liebe Regierungskoalition, wissen Sie, was die FDP in Bayern zu den richtigen Protesten von 40.000 Menschen, zu Leuten, die jetzt in München auf die Straße gehen, denkt? Da sagt Herr Hagen von der FDP, diese Proteste sind Kulturkampf gegen das Auto. Ich sage Ihnen, auch die FDP in Frankfurt unterstreicht es. Da merkt man den Grundwiderspruch, der nicht aufzulösen ist, von daher ist kein Aufbruch machbar. Thorsten Lieb sagte auf einer Podiumsdiskussion in Frankfurt der Frankfurter Rundschau: „Wir werden keine Verkehrspolitik mit der neuen Stadtregierung machen, die einseitig Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer bevorzugt.“ Ja, wo leben wir denn? Klimaschutz geht nur, wenn wir den Autoverkehr zurückdrängen, der seit Jahrzehnten bevorzugt wurde. Deswegen werden Sie mit Ihrer Verkehrspolitik scheitern. Das funktioniert nicht mit der FDP, und das wissen Sie auch. Liebe GRÜNE, Sie tragen dafür die Verantwortung. Sie tragen die Verantwortung für diese Koalition, die sich selbst zu wenig Mut geschenkt hat. Ihr Versprechen nach Veränderung, Versprechen nach Wandel, ist schon zusammengefallen wie ein Soufflé. Alle, die kochen, wissen es: Ein Soufflé, das zusammengefallen ist, bekommen Sie nie wieder hin. Das lässt sich nicht mehr retten. Genau das ist der Eindruck von dieser Koalition, die jetzt in das Amt will. Da gibt es nichts mehr zu retten, Stillstand, kein Aufbruch. Ist Ihnen
in Ihren ganzen Reden eigentlich aufgefallen, wie Sie sich überboten haben, super, mutig,
toll, wunderbar? Dann wird aber von Frau Busch gesagt, nein, Make-up in das Gesicht
schmieren wir uns nicht, aber Sie schreiben es sich in das Redemanuskript, Worthülsen.
Sie reden es sich selbst schön, weil Sie wissen, dass es eigentlich eine Regierung ist,
die nicht zusammenpasst. Wir kommen einmal zu dem gebrochenen Wahlversprechen, da gehen Sie gar nicht drauf ein, meine Damen und Herren: Die FDP und die GRÃœNEN sagen, der Magistrat wird nicht aufgebläht. Was passiert dann? Er wird aufgebläht. Es kostet Millionen Euro an Steuergeldern – kein Wort dazu, natürlich nicht. Sie sonnen sich jetzt im Glanz, ist doch nicht so schlimm. Die Menschen draußen in Frankfurt werden es aber merken, was ein Dezernat mehr bedeutet – gebrochene Wahlversprechen schon zu Beginn einer neuen Regierung. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen. Sie konnten es niemals begründen, warum Sie den Magistrat aufblähen. Es war nicht nur die FDP, das waren Sie zu viert, die das mitgemacht haben. Sie wissen, dass es nicht funktionieren wird. Der Personalrat der Stadt Frankfurt warnt davor und sagt, verwenden Sie die Gelder sinnvoll. Das Geld kann anders verwendet werden, schlagen Sie in den Wind, nein, machen wir so. Wir werden Sie daran erinnern, dass dieses aufgeblähte Magistratstheater letztlich der Sache nicht dienlich ist, weil was Ihnen fehlt, ist da eine gewisse Art von Demut. Es ist auch eine gewisse Art von Maß halten. Das ist maßlos. Der neue Magistrat wird maßlos und mit Steuergeldern nicht sorgfältig agieren. Liebe FDP, das haben Sie auch mit zu verantworten. Wie kommen Sie denn dazu, das einfach mitzumachen? Es geht dann um Parteiproporz. Sie können es gar nicht erklären. Jetzt ist es auch so, dass Volt nicht einmal mehr als Mehrheitsbeschafferin gebraucht wird. Sie haben fünf Stimmen Mehrheit, dadurch dass die SPD gewachsen ist. Ich bin gespannt, welche Rolle Volt dann in dieser Koalition einnehmen wird. Ich weiß es nicht, aber man merkt doch, dass es eine Koalition ist, die aus der Not heraus gezimmert wurde, und die jetzt versucht, über einen zweihundertseitigen Koalitionsvertrag eine Zukunft zu
skizzieren. Nur leider bleiben Sie an der Oberfläche. Es ist wie eine Hochglanzfolie, wenig Substanz darunter. Das haben Sie heute alle in Ihren Reden deutlich gemacht.
Sie sagen dann, Sie führen Debatten, aber heute haben Sie angefangen, sich gegenseitig über den grünen, roten, gelben, lila Klee zu loben. Das finde ich unsäglich und unangebracht. Ein bisschen deutlicher wurde Frau Zapf in dem Interview – das hat Herr Kößler auch gelesen, auch zitiert, es haben aber auch viele Kulturschaffende gelesen. Was denken Sie sich denn zu sagen, wir machen eine Priorisierung, und das, was unten ist, ist die Kulturpolitik und da kürzen wir als Erstes? Frau Zapf, es wäre richtig gewesen, wenn
Sie das zumindest …

(Zurufe)

Ja, aber Sie sind beide die Fraktionsspitze, und deswegen spreche ich Sie jetzt beide an.
Da muss man auch das korrigieren, weil das doch Unsinn ist, was Sie da gesagt haben.
Sie haben von Finanzpolitik keine Ahnung, sonst hätten Sie nicht solche Aussagen getroffen, deswegen glaube ich, dass auch wie ein Damoklesschwert der nächste Haushalt über dieser Koalition hängen wird, weil der Grundkardinalfehler doch ist, die Einnahmenseite wird nicht angegangen wegen dem falschen Partner FDP. Wir werden Sie ständig daran erinnern. So funktioniert eine solide Haushaltspolitik nicht, wie Sie das vorhaben, wissen auch alle. Wenn Sie dann eine Priorisierung machen, dann ist es doch auch hanebüchen. Warum sagen Sie nicht einfach, wir müssen tatsächlich die Einnahmen erhöhen? Aber nein, Sie lassen in den Koalitionsvertrag reinschreiben, wir werden sogar über einjährige Senkungen der Gewerbesteuerhebesätze nachdenken. Das ist absolut nicht innovativ. Das ist nicht fortschrittlich. Von daher werden wir Sie auch daran immer erinnern. Ich möchte aber mit einem positiven Punkt enden, weil nicht alles schlecht ist. Sie haben immerhin das Ansinnen der Linkspartei aufgegriffen. Wir haben einen Antrag zum sicheren Hafen gestellt. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie wirklich das Herz hatten, einen gemeinsamen Antrag zu bringen, den Sie als Zuantrag zu unserem Antrag eingebracht haben. Das finde ich gut. Nur muss es mehr sein als nur Lippenbekenntnisse. Es muss dann konkret etwas daraus folgen. Es ist richtig, dass wir über den Königsteiner Schlüsselhinaus Menschen aufnehmen wollen. Dann müssen wir die Strukturen jetzt schaffen. Die Leute brauchen uns. Ich kenne Menschen, die aus Afghanistan E-Mails schreiben, vielleicht schreiben manche Ihnen auch. Das ist doch Wahnsinn. Von daher ist es wichtig, ein Signal zu setzen. Das muss aber mit einer konkreten Handlungsoption verbunden sein, damit wir es dann auch schaffen. Aber da bin ich dankbar, dass man hier zumindest deutlich gemerkt hat, links wirkt auch aus der Opposition heraus. Ich denke, dann ist es vielleicht gar nicht so schlimm, dass wir jetzt nicht in der Regierung sind. Wenn Sie künftig einfach immer unsere Ideen umsetzen, dann bin ich zufrieden.
Vielen Dank!

(Beifall)

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