Im Sozial- und Gesundheitsausschuss am 10. Februar 2022 im Römer fühlte sich Gesundheitsdezernent Stefan Majer provoziert. Was war passiert?
Die Stadtverordnete der Linken, Monika Christann, kommentierte den zur Beschlussfassung eingereichten Bericht B 6/22 des Magistrats zu Schwerbehinderten in der Stadtverwaltung Frankfurt, der allerdings durch „Zurückstellung“ der eigenen Koalition einer Beschlussfassung entzogen war. Christann sah einen möglichen Zusammenhang zwischen der jahrelangen chronischen Unterbesetzung bei den städtischen Beschäftigten mit dem Anstieg von Schwerbehinderungen bzw. Gleichstellungen. Zwar liege löblicherweise die Quote der beschäftigten Schwerbehinderten über der gesetzlich vorgeschriebenen Quote. Aber zum einen sei es auffällig, dass die Anzahl der in der Stadtverwaltung beschäftigten Schwerbehinderten sinke und nach wie vor insgesamt auch weiterhin in den allermeisten Ämtern eine Stellenreduzierung zu beobachten sei.
Zum anderen bezeichnete Christann es als ein Alarmsignal, wenn die Zunahme der neu erworbenen Schwerbehinderung bzw. der Gleichstellung bei Frauen doppelt so hoch sei wie bei Männern. Sie wies darauf hin, dass nur etwa zwei Prozent aller Schwerbehinderungen angeboren sei; der Rest würde durch schlechtere Arbeitsbedingungen und – seltener – durch Unfälle oder schwerwiegende Erkrankungen wie Krebs – erworben.
Christann schloss zudem nicht aus, dass der auffällige Anstieg der Schwerbehinderung und Gleichstellung bei Frauen damit zu tun habe, dass es immer noch meist die Frauen wären, welche die Care-Arbeit erledigten und während Corona mit allen Nebenwirkungen wie kurzfristigen und meist unplanbaren Schul- und Kitaschließungen mehrfach belastet und überlastet seien.
Gesundheitsdezernent Majer fühlte sich durch Christanns Ausführungen nach eigener Aussage provoziert und wehrte sich dagegen, dass dieses Thema in Abwesenheit des für Personal zuständigen Kämmerers zur Sprache kam.
Dem widersprach Christann im Saal und wies darauf hin, dass „wir hier heute im Sozial- und Gesundheitsausschuss“ seien und natürlich gesundheitliche Beeinträchtigungen auch die Folge einer chronischen Stellenunterbesetzung sein könne. Deswegen gehöre dies auch in den Gesundheitsausschuss.
„Ich muss mich schon wundern“ kommentiert Christann, „dass der Gesundheitsdezernent nicht erkennt, wieso eine Diskussion zum Anstieg der neu erworbenen Schwerbehinderungen und Gleichstellungen nötig ist.“ Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dies mit der chronischen Unterdeckung des Personals zusammenhängt. Insofern ist es völlig richtig, dass es auf der Agenda des Gesundheitsausschusses steht. Mir scheint, dass eine Horizonterweiterung des Gesundheitsdezernenten nötig ist. Außerdem muss man der Auffälligkeit des doppelten Anstiegs bei Frauen im Vergleich zu Männern auf den Grund gehen. Alle zwei Jahre muss von Gesetzes wegen eine sog. „Gefährdungsanalyse“ durchgeführt werden, die auch die Einflussfaktoren auf psychische Erkrankungen durch z.B. Stress untersucht. Bei Auffälligkeiten muss dies auch außer der Reihe durchgeführt werden.
„Ich hoffe, dass auch der Gesamtpersonalrat aufwacht und sich der Sache annimmt. Und ich hoffe, dass der Gesundheitsdezernent zukünftig fähig ist, den möglichen Zusammenhang zu sehen. Vielleicht sollte er mal beim Bundesamt für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit nachlesen. Und das Thema gehört definitiv in den Gesundheitsausschuss, auch wenn der Dezernent das abstreitet“, so Christann abschließend.