12. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 12. Mai 2022:
Stadtverordneter Michael Müller, LINKE.:
Frau Vorsteherin,
meine sehr geehrten Damen und Herren!
Dieser verbrecherische Angriffskrieg gegen die Ukraine ist eine Katastrophe, es ist in erster Linie eine Katastrophe für die Menschen in der Ukraine. Wenn ich Ihnen jetzt die Zahlen nenne, dann verdeutlichen die wahrscheinlich nur ganz bruchstückhaft das Leid der Menschen. Bereits über 5,7 Millionen Menschen haben in den vergangenen Tagen und Wochen die internationalen Grenzen Richtung Westen überschritten. Zusätzlich wird mit mehr als 7,7 Millionen Menschen gerechnet, die innerhalb der Ukraine geflohen sind und noch auf der Flucht sein werden.
Meine Damen und Herren, das ist eine humanitäre Katastrophe und es ist richtig, dass wir zwei Dinge tun: einerseits klar benennen, wer der Verursacher des Krieges ist, und andererseits eindeutig humanitäre Hilfe leisten in der Not. Besonders berücksichtigen möchte ich oder wertschätzen muss man doch hier die Menschen in Polen. In Polen sind mehr als drei Millionen Menschen aufgenommen worden. Aber auch die Republik Moldau darf man nicht vergessen. In der Republik Moldau wurden mindestens 500.000 Menschen aufgenommen. In der Republik Moldau, eine Republik, die wir gerne vergessen, leben knapp 2,6 Millionen Menschen. Stellen Sie sich das einmal vor, was für eine Herkulesaufgabe die Menschen gerade in Moldawien leisten. Meinen tiefen Respekt!
Was können wir jetzt tun? Ich finde, was wir tun können, ist, gerade heute, am Tag der Pflege, wo die Beschäftigten in den Sozial- und Erziehungsdiensten streiken, den Blick darauf zu richten. Denn es sind in erster Linie Frauen, Kinder und alte Menschen. Viele Kinder aus der Ukraine werden hier in Kitas gehen, werden hier in die Schule gehen. Das heißt, die Schulsozialarbeit muss ausgebaut werden, die Kitas müssen mehr wertgeschätzt werden, es braucht mehr Personal, es braucht mehr Lohn. Dafür haben heute Menschen in Frankfurt gestreikt. Wir sollten sie unterstützen, weil sie eine Integrationshilfe leisten, die notwendig ist. Ja, das wurde schon 2015 und fort folgende gemacht.
Ich würde auch hier niemals von einer Flüchtlingswelle sprechen, sondern von einer Flüchtlingsbewegung, aber das, was jetzt auf uns zukommt, ist noch einmal eine Spur heftiger und verlangt noch mehr von uns. Wir müssen gesellschaftliche Solidarität jetzt auch deswegen großschreiben, weil wir jetzt verschiedene Krisen erfahren: Wir haben den Krieg, wir haben aber auch immer noch die Klimakrise und wir haben eine Inflation, die die Menschen beschäftigt. Deswegen geht es nur so, dass wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt insgesamt stärken müssen, um auch Menschen aus der Ukraine lange und dauerhaft zu helfen. Deswegen, finde ich, muss man auch die Frage stellen, wie wir da alle die in die Schranken weisen, die sich gegen die Geflüchteten stellen. Das wird auch wieder kommen. Wir müssen Solidarität zeigen, wir müssen Mitmenschlichkeit zeigen. Wir könnten damit anfangen, dass wir heute zum Beispiel einfach einmal die verdi‑Forderungen, die sie an die Stadtverordneten gerichtet haben, ernst nehmen. Keine Kürzungen in den Sozial- und Erziehungsdiensten, keine Kürzungen bei den Kitas, mehr Wertschätzung und vor Ort anfangen …