Wir brauchen eine klare Anerkennung des Gehwegs als Raum und eben nicht als Abstellfläche!

14. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 14. Juli 2022

 

Stadtverordnete Dr. Daniela Mehler-Würzbach, LINKE.:

 

Sehr geehrte Frau Vorsteherin,

werte Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich muss hier erst einmal mit ein paar Mythen aufräumen. Demos oder Kundgebungen als nicht familienfreundlich darzustellen, finde ich sportlich, denn sie sind manchmal deutlich familienfreundlicher als das, was wir sonst im öffentlichen Raum erleben. Es gibt sogar Demos mit Kinderbetreuung. Ich bin sehr für Spielstraßen, aber sie sind häufig auch dort zugeparkt, wo man sie gerne einrichten würde. Genau darum geht es bei der Frage von Flächengerechtigkeit. Es ist natürlich im Rahmen der Mobilitätswende völlig richtig, das Thema Flächengerechtigkeit anzugehen, und da gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Ich finde, es ist eine gute Idee, zukünftig Parkscheinautomaten so aufzustellen, dass sie Parkraum fressen und nicht die Gehwege. Und wenn sich rum herum noch anderes Stadtmobiliar gruppieren lässt, nur zu. Die neu zu installierenden Parkscheinautomaten sind da natürlich ein willkommener Hebel. Aber es löst im wahrsten Sinne des Wortes nur ein Randproblem, denn ein anders stehender Parkscheinautomat schafft nicht allzu viel Platz für Fußgängerinnen und Fußgänger, er ist vielleicht ein Anfang.

Wussten Sie eigentlich, dass das Halten und Parken auf Gehwegen grundsätzlich verboten ist? Eine Ausnahme davon muss besonders gestattet sein. Dass man Gehwegparken in Frankfurt an vielen Stellen gestattet hat, ist eben Ausdruck der autogerechten Stadt, und ob es jetzt gerecht ist oder nicht, darüber lässt sich trefflich streiten. Oft reicht der verbleibende Raum auf dem Gehweg nicht aus, um einen Begegnungsverkehr von Zufußgehenden zu gewährleisten. Der Verkehrsraum ist oft bereits mit einer Person ohne Kinderwagen oder Rollstuhl ausgeschöpft. Dieser Zustand ist eigentlich mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Anlage 2 der Straßenverkehrsordnung, laufende Nummer 74, Parkflächenmarkierungen, unvereinbar. Dort heißt es nämlich: „Das Parken auf Gehwegen darf nur zugelassen werden, wenn genügend Platz für den unbehinderten Verkehr von Fußgängerinnen und Fußgängern, gegebenenfalls mit Kinderwagen, oder Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrern auch im Begegnungsverkehr bleibt.“ Davon sind wir leider unglaublich weit entfernt, wenn man sich viele Straßenzüge in Frankfurt anschaut. Von Barrierefreiheit kann wahrlich nicht die Rede sein.

Ich freue mich erst einmal sehr zu hören, dass hier in vielen Redebeiträgen klar wird, dass es viel Einsatz für Fußgängerinnen und Fußgänger gibt, und dass an dieser Stelle von vielen ein klares Bekenntnis für die Rechte der Fußgängerinnen und Fußgänger abgegeben worden ist. Aber ich wünsche mir und hoffe sehr darauf, dass es auch im zukünftigen Antrags- und Abstimmungsverhalten seinen Niederschlag finden wird.

Darüber hinaus möchte ich dafür appellieren, dass wir größer denken müssen. Was wir bräuchten, ist eine klare Strategie der Stadt im Umgang mit legalem Gehwegparken. Die Stadt sollte überall die Gestattung des Gehwegparkens aufheben, wo die Mindestgehwegbreite von 2,50 Metern – das ist das, worauf man sich mittlerweile unter Fachleuten verständigt hat – nicht eingehalten werden kann. Das heißt, wir bräuchten eine flächendeckende Kontrolle von unzulässigem Gehwegparken und auch von der Frage, ob E‑Scooter, Fahrräder, Lastenräder und so weiter tatsächlich korrekt abgestellt werden. Dafür haben wir zu wenig Personal, da brauchen wir uns nichts vorzumachen. Wir brauchen eine klare Anerkennung des Gehwegs als Raum und eben nicht als Abstellfläche und eine tiefgreifende und breite Strategie zur Durchsetzung der Rechte von Zufußgehenden.

 

Vielen Dank!

 

(Beifall)

 

 

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