Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
Der Magistrat wird beauftragt, Wohnungen der ABG Holding, die durch Mieter*innenfluktuation frei werden, künftig zu zwei Dritteln zum Preisniveau des geförderten Wohnungsbaus im Förderweg 1 und zu einem Drittel zum Preisniveau des geförderten Wohnungsbaus im Förderweg 2 zu vermieten.
Begründung:
Der Bestand an Sozialwohnungen sinkt kontinuierlich. Gab es Anfang 1990 noch knapp 70.000 Sozialwohnungen in Frankfurt, sind es 2020 nur noch 30.477. Davon sind nur 22.773 Wohnungen des Förderwegs 1, die ursprünglich mittels der öffentlichen Förderprogramme II. WoBauG und WoFG/HWoFG gefördert wurden. Bei den restlichen 7.703 Wohnungen wurden lediglich Belegrechte erworben, um Wohnungen, die bisher keiner Bindung unterlagen, mit einer Mietpreisbindung zu belegen und an Sozialwohnungsberechtigte zu vermieten. Die meisten Belegrechte werden von der Nassauischen Heimstätte bzw. der ABG Holding erworben. Somit erwirbt die Stadt Belegrechte von Unternehmen, die ihr selbst gehören. Damit werden frei finanzierte Wohnungen, die meist von Mietsteigerungen betroffen sind und für viele nicht bezahlbar wären, mit öffentlichen Geldern subventioniert.
Die Not am Wohnungsmarkt wird immer größer. Die Mieten steigen unaufhörlich während jährlich immer mehr geförderte Wohnungen aus der Bindung fallen.
Laut einer Studie des Instituts für Wohnen und Umwelt haben 68 Prozent aller Mieter*innenhaushalte in Frankfurt einen Anspruch auf geförderten Wohnraum. 49 Prozent davon haben sogar Anspruch auf Wohnungen zu Preisen des Förderweg 1, sogenannte Sozialwohnungen. 8.973 Haushalte, also 22.832 Menschen, sind beim Amt für Wohnungswesen registriert und warten auf eine freie Sozialwohnung. Die Zahl ist seit Jahren fast unverändert auf einem sehr hohen Niveau. 2020 wurden lediglich 1.325 Haushalten eine Sozialwohnung vermittelt. Die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage an Sozialwohnungen ist enorm. Zudem wurden 2020 gerade einmal 41 neue Sozialwohnungen gebaut. Der Neubau dieser Wohnungen kommt nicht mit dem riesigen Bedarf an Sozialwohnungen hinterher.
2020 gab es bei der ABG Holding 3.093 Mieter*innenwechsel bzw. Erstbelegungen, jedoch wurden nur knapp ein Drittel zu Preisen des geförderten Wohnungsbaus vermietet. Zwei Drittel wurden also zu Marktpreisen vermietet. Diese knapp 3.000 Wohnungen haben jedoch enormes Potential, um Menschen, die am Wohnungsmarkt nicht ausreichend mit Wohnraum versorgt werden, schnell eine preisgebundene günstige Wohnung anzubieten. Durch freiwerdende Wohnungen bei der ABG Holding wieder in die Sozialbindung zu nehmen, wäre eine schnell umsetzbare, vergleichbar günstige Maßnahme, um die tausenden Sozialwohnungsberechtigen zu versorgen. Dadurch könnte der Sozialwohnungsbestand unabhängig vom stockenden Neubau um mehrere Tausend Wohnungen pro Jahr steigen.
Auch aus sozial-ökologischen Gründen ist die Weitervermietung von freiwerdenden ABG-Wohnungen als Sozialwohnungen sinnvoll. Der Neubau von Sozialwohnungen, der durch Quoten in Frankfurt geregelt ist, läuft sehr schleppend und kann die jetzt herrschende Not am Wohnungsmarkt nicht lindern. Zudem ziehen der Abriss und Neubau von Wohnungen eine katastrophale CO2-Bilanz sowie einen enormen Ressourcen- und Rohstoffverbrauch nach sich. Die Weitervermietung als Sozialwohnungen ist schnell umsetzbar und würde diese negativen ökologischen Effekte vermeiden. Es müssten zudem keine zusätzlichen Flächen versiegelt werden, um viele der 22.832 Menschen, die jetzt auf eine Sozialwohnung warten, mit Wohnraum zu versorgen.
Die ABG Holding als 100 Prozent städtische Wohnungsgesellschaft sollte, anders als private Wohnungskonzerne, sozialverträglich vermieten und besonders Menschen mit geringem Einkommen versorgen. Von ihr muss eine Signalwirkung ausgehen.
Dominike Pauli und Michael Müller
Fraktionsvorsitzende
Antragsteller*innen
- Stadtv. Ayse Dalhoff
- Stadtv. Daniela Mehler-Würzbach
- Stadtv. Dominike Pauli
- Stadtv. Eyup Yilmaz
- Stadtv. Michael Müller
- Stadtv. Monika Christann
- Stadtv. Pearl Hahn
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