Mit Datum vom 27.09. berichtet die Süddeutsche Zeitung über einen krassen Fall der Strafverfolgung wegen Fahrens ohne Fahrschein. Ohne dass der Betroffene jemals selbst angehört wurde, wurde der immer wieder arbeitslose Mann wegen Fahrens ohne Fahrschein in der Frankfurter U-Bahn per schriftlichem Strafbefehl zu Geldstrafen in Höhe von insgesamt 30.600 Euro verurteilt – für einen Gesamtschaden durch Leistungserschleichung von rund 64 Euro. Als er Arbeit erhielt, begann er, die Geldstrafe abzuzahlen. Als er Corona-bedingt wieder auf das Arbeitslosengeld zurückfiel und die Geldstrafe nicht weiter abbezahlen konnte, musste er sogar für drei Monate Ersatzfreiheitsstrafe ins Gefängnis.
Daniela Mehler-Würzbach erklärt: „Wer sich mit den oftmals tragischen Fällen der Ersatzfreiheitsstrafen wegen Fahrens ohne Fahrschein beschäftigt, wird schnell fassungslos über Bürokratie und Justiz und die daraus entstehenden problematischen Situationen für Betroffene. Für DIE LINKE. im Römer gilt, dass Menschen wegen eines Bagatelldeliktes nicht ins Gefängnis gehören. Die Verfolgung des Fahrens ohne Fahrschein als Straftat trifft die Ärmsten der Gesellschaft. Sie können oft weder regulär anfallende noch erhöhte Beförderungsentgelte zahlen, befinden sich zudem oft in schwierigen Lebenssituationen. Obwohl der entstandene finanzielle Schaden ungleich gering ist, trifft sie mit den Ersatzfreiheitsstrafen die härteste Sanktion des Staates. Das ist unverhältnismäßig und ungerecht und muss nicht nur in Frankfurt ein Ende haben.“
Die Bundesregierung plane das Fahren ohne Fahrschein zu einer Ordnungswidrigkeit herabstufen, weil die Justiz und die Ermittlungsbehörden durch die Strafverfolgung nur unnötig belastet werden und der öffentlichen Hand durch die Ersatzfreiheitsstrafen unverhältnismäßig hohe Kosten entstehen. Noch stehe aber kein Fahrplan für eine neue Regelung.
Angesichts der hohen Fallzahlen in Frankfurt – allein durch die VGF werden jährlich rund 4.000 Strafanzeigen aufgrund von Fahren ohne Fahrschein erstattet – und der Entwicklung in anderen Städten hatte DIE LINKE. im Römer mit der NR 443/2022 einen Antrag zur Entkriminalisierung des Fahrens ohne Fahrschein gestellt. VGF und traffiQ sollten auf das Stellen von Strafanzeigen verzichten. In Bremerhaven verzichte man bereits seit etwa zehn Jahren auf das Stellen von Strafanzeigen für Fahren ohne Fahrschein, auch die Bremer Straßenbahn AG habe im Sommer bekannt gegeben, in Zukunft auf Strafanzeigen zu verzichten. Der Antrag der LINKEN wurde mit der vergangenen Stadtverordnetenversammlung abgelehnt:
Dazu erklärt Daniela Mehler-Würzbach: „Ich hätte mir gewünscht, dass die Koalition dieses Thema zumindest als Prüfauftrag mitnimmt. Jeder Fall, der bekannt wird, zeigt aufs Neue die Absurdität der Strafanzeigen für Fahren ohne Fahrschein. Es darf so nicht weitergehen. Wir werden uns als DIE LINKE. im Römer weiter dafür einsetzen, dass das Fahren ohne Fahrschein auch in Frankfurt straffrei gestellt wird. Wir fordern die Frankfurter Verkehrsgesellschaft VGF und die lokale Nahverkehrsgesellschaft traffiQ auf, zukünftig auf Strafanzeigen zu verzichten und sich auf die Durchsetzung ihrer zivilrechtlichen Ansprüche zu beschränken. Frankfurt könnte hier mutig vorangehen!“