Rede während der 17. Plenarsitzung am 17. November 2022
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Zuhörerinnen und liebe Zuhörer!
Der Antrag zum Frankfurter Bündnis gegen Kinderarmut ist ein richtiger und wichtiger Antrag. Den Antrag hat der Jugendhilfeausschuss eingebracht, was mich persönlich umso mehr freut, als Anträge dieses Gremiums oftmals seitens der Koalition abgelehnt werden. Hier wünsche ich mir, dass Anträge, aber auch Votierungen des Jugendhilfeausschusses in der Stadtverordnetenversammlung mehr Beachtung bei allen Anwesenden finden, da sich hier sehr viel Expertise zu Themen von Kindern und Jugendlichen befindet.
Jetzt zum Thema Kinderarmut. Das Thema ist leider nichts Neues. Seit Jahrzehnten wird auf das Thema von verschiedenen Seiten aufmerksam gemacht. Unzählige Studien beschreiben die Situation der Kinder und die schwerwiegenden Folgen für ihre Zukunft, aber auch für die Gesellschaft an sich. Wir alle kennen beziehungsweise sollten die Fakten kennen. Alleine hierüber zu sprechen, würde den ganzen Abend füllen, das habe ich bei meinen Vorrednern gemerkt. Auch in Frankfurt wird zu diesem Thema seit Jahren informiert und zum Handeln aufgerufen. Erwähnt sei hier zum Beispiel die schon vor Jahren ins Leben gerufene Kampagne des Frankfurter Jugendrings „Arm“. Dennoch wächst in Deutschland und Frankfurt circa jedes fünfte Kind in Armut auf. Tausende Kinder dieser Stadt wachsen in Hartz IV Haushalten auf und damit in staatlich verordneter Armut. Mehr als 1.000 Schulkinder müssen mit ihren Familien in Notunterkünften leben, und mit den steigenden Energiekosten wird es für immer mehr Familien unmöglich, die Miete zu bezahlen.
Auch die steigenden Lebensmittelpreise treffen Familien besonders und die Folgen der Coronapandemie sind noch lange nicht absehbar, geschweige denn aufgearbeitet. Für viele Familien ist diese Entwicklung schlichtweg existenzbedrohend. Ich weiß, es wurde schon gesagt, aber es kann nicht oft genug wiederholt werden. Umso wichtiger ist es, die Kinder und Jugendlichen mit ihren Familien nicht im Stich zu lassen und auch immer wieder die Problematik in das Bewusstsein der Menschen zu bringen. Und hier verorte ich diesen Antrag: Es kann nur ein erster Schritt sein, die Thematik stärker in den Fokus zu rücken und – wie der es Antrag auch formuliert – eine umfassende und ressortübergreifende Strategie zu entwickeln.
Aber das alleine reicht nicht aus und hier sehe ich auch die Gefahr, dass dieser Antrag im Sand verläuft. Nur auf die Problematik aufmerksam zu machen und Strategien zu entwickeln, wird für die Betroffenen nicht viel verändern. Sie brauchen konkretere und langfristigere Unterstützung und Angebote und vor allem den politischen Willen, diese zu erhalten. Hier gibt es in Frankfurt viel Licht, aber auch viel Schatten. Wir haben ein großes Netzwerk an kommunalen Einrichtungen, Trägern und Initiativen sowie engagierten Menschen in dieser Stadt, die jetzt schon richtig gute Arbeit leisten und vielen Kindern und Jugendlichen und deren Familien helfen. Auf der anderen Seite braucht es hierfür aber auch eine ausreichende Finanzierung. Und genau das ist immer wieder der Knackpunkt, um den so oft gestritten wird und gekämpft werden muss. Ich schaue beide Dezernenten hier links und rechts neben mir an.
Wie lange fordern die freien Träger der Kinder- und Jugendarbeit jetzt schon eine ausreichende Finanzierung, um ihre gute Arbeit auch so fortsetzen zu können. Die bestehenden Angebote müssen doch ausreichend finanziert und damit abgesichert werden. Die qualitativ gute Arbeit der Träger ist nur möglich, wenn die Mitarbeitenden anständig bezahlt werden und die Träger nicht aufgrund von Tarifsteigerungen an den Angeboten sparen müssen. Dennoch drohen ständig Einsparungen im Sozial- und Bildungsbereich.
Wie wir alle wissen, ist Kinderarmut auch immer gleich die Einkommensarmut der Eltern und hier hat die Stadt Frankfurt die Möglichkeit, Familien zu entlasten. Die fehlenden Sozialwohnungen und die ewig langen Wartelisten sind auch immer wieder Thema. Es geschieht aber nichts. Genauso wenig wie bei der Thematik des versprochenen gebührenfreien letzten Krippenjahres, nichts. Entweder der Magistrat schläft oder er will einfach nicht. Chancen- und Bildungsgerechtigkeit entsteht aber auch durch Partizipation und diese gilt es erstens als solche anzuerkennen und zweitens sie auch ernst zu nehmen. Da denke ich zum Beispiel an das geplante Jugendparlament, bei dem es schon jetzt heißt: „Ha, die Finanzierung ist aber schwierig.“
Wenn das Thema Kinderarmut ernsthaft angegangen werden soll, und das ressortübergreifend, hat der Magistrat sehr viel Arbeit vor sich. Denn alle die Bekenntnisse und das Schönreden helfen den Kindern und Jugendlichen sowie den Familien in Frankfurt recht wenig, wenn keine Taten folgen. Die Bekämpfung von Kinderarmut kostet Geld, diese Kosten sind aber weitaus weniger als die Folgekosten für die Gesellschaft, die eine verfehlte Sozialpolitik verursacht. Auch diese Erkenntnis ist nicht neu und in unzähligen Studien nachgewiesen und vorgerechnet worden. Auch hier hoffe ich, dass dies allen verantwortlichen Personen – links und rechts von mir – bewusst ist.
Wie gesagt, der Antrag zum Frankfurter Bündnis gegen Kinderarmut ist ein richtiger und wichtiger Antrag. Jetzt muss dieser auch konsequent umgesetzt werden. Wir als LINKE. werden alle dabei unterstützen, aber den Prozess auch kritisch begleiten. Ich wünsche mir, dass, wie es im Antrag gefordert wird, wir der Armut von Kindern und Jugendlichen als Stadt Frankfurt solidarisch und entschieden entgegentreten, denn es ist die Aufgabe von uns allen, alles zu unternehmen, damit kein Kind in dieser Stadt in Armut aufwachsen muss.
Vielen Dank!