17. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 17. November 2022:
Stadtverordnete Dr. Daniela Mehler-Würzbach, LINKE.:
Werte Frau Vorsteherin,
werte Stadtverordnete!
Zum Schluss müssen wir da noch einmal durch. Monatlich grüßt das Murmeltier. Ich hatte gehofft, wir könnten in dieser Plenarsitzung unsere Anfrage aus dem Juni, „Riederwaldtunnel: Mehrverkehr statt Entlastung“, besprechen. Leider ist sie bis heute unbeantwortet. Ich nehme also den Antrag des Kollegen Schwichtenberg zum Anlass, den ich der Sache nach schwierig finde und den wir entsprechend negativ votiert haben. Ich bin nicht der Meinung, dass man einfach offen Unterschriftenlisten mit Link ins Netz oder Pressemitteilungen an andere Organisationen, insbesondere ohne Rücksprache mit ihnen, zu Anträgen verarbeiten sollte. Aber ich nehme ihn trotzdem zum Anlass, um erneut über den Riederwaldtunnel und die Situation im Fechenheimer Wald zu sprechen. Denn viele Fragen sind ungeklärt und sollten dringend beantwortet werden, bevor der Wald gerodet wird und weitere Fakten geschaffen werden. Hier einige davon:
Wie beurteilt der Magistrat die prognostizierten Verkehrszahlen im Hinblick auf den Frankfurter Stadtverkehr und das Stadtklima? Wie hoch ist der induzierte Verkehr, der aus der Verknüpfung der A 66 mit der A 661 resultiert? Auf welchen Frankfurter Straßen und Kreuzungen ist mit Mehrbelastungen zu rechnen? Und welche Zunahme an Pkw- sowie Lkw-Verkehr ist dort zu erwarten? Löst der Riederwaldtunnel durch den prognostizierten Mehrverkehr weitere Straßenbauprojekte in Frankfurt aus? Welche zusätzlichen CO2-Emissionen erwartet der Magistrat und wie gedenkt er die städtischen Klimaziele im Verkehrssektor damit in Einklang zu bringen? Wenn sich der Stau vom Erlenbruch lediglich auf die A 661 verschiebt, worin liegt dann der Fortschritt für die Verkehrswende? Ist es aus Sicht des Magistrats nicht zielführender, im Frankfurter Osten den Umweltverbund zu fördern und auszubauen?
Das ist nur ein Teil unserer Fragen, die für uns und die Frankfurter Öffentlichkeit weiterhin unbeantwortet sind. Wir fordern den Magistrat auf, die Beantwortung dieser Fragen nicht länger auszusitzen. Zwischenzeitlich tut sich auch noch einiges. Nicht nur der Ortsbeirat 11 fordert ein Rodungs- und Baumoratorium für den Riederwaldtunnel, auch im Ortsbeirat 3 wird gerade ein Antrag diskutiert, in dem, ein solches ausdrücklich unterstützend, ein Gutachten über die klimatologischen Auswirkungen des Mehrverkehrs gefordert wird.
(Beifall)
Werte Stadtverordnete, wir wissen alle um die Unteilbarkeit des Konflikts. Entweder man rodet den Wald und baut den Tunnel oder nicht. Kompromisse sind da kaum möglich. Ich verstehe, dass es gerade harte Auseinandersetzungen gibt, wo Rodungen nur noch von einem Gutachten und einer Ausnahmegenehmigung weit entfernt scheinen. Worum ich nichtsdestotrotz bitten möchte, ist kommunikative Abrüstung. Was wir gerade erleben, ist bundesweit der Versuch von CSU, CDU und FDP bis hinein in die SPD, Klimaaktivisti zu diskreditieren und zu kriminalisieren. Ich halte das für eine wirklich gefährliche Diskursverschiebung, die leider vielfach verfängt. Was für ein Versuch gefährlicher rechtsstaatlicher Aufrüstung, die vom eigentlichen Skandal ablenkt, der nachhaltigen Zerstörung durch das Festhalten an fossilen Projekten aus der Vergangenheit. Wir haben Verantwortung. Sie, werte Stadtverordnete, haben Verantwortung. Im Sprechen, im Handeln, im Unterlassen und im Aktivwerden.
Seit über 50 Jahren weiß jeder politisch Verantwortliche, dass das Konzept der Verwertung der Welt und die Strategie des ewigen Wachstums zur globalen Zerstörung führen. Wesentlich wurde wenig bis nichts getan. Es hat die meisten lange nicht interessiert. Versprechen, gegen die in Gang gesetzte Zerstörung vorzugehen, bleiben meist rhetorisch. Klar ist: Wer es ernst meint mit dem Klimaschutz und dem Wunsch nach einem klimaneutralen Frankfurt, der muss umdenken. Nur Bedauern, wie ich es heute in der Antwort auf eine Frage gelesen habe – ich zitiere Frau Heilig: „Der Magistrat bedauert, dass für die Umsetzung des rechtskräftig festgesetzten Planfeststellungsbeschlusses zum Riederwaldtunnel vom Vorhabenträger, der Autobahn GmbH, Wald gerodet werden soll“ – reicht nicht aus. Es braucht die Bereitschaft zur Disruption. Für die LINKE. kann ich klar sagen: Wir haben das verstanden. Deswegen werden wir den Forderungen nach Autobahnneu- und -ausbau weiterhin die Absage erteilen und stehen hinter der Forderung eines Rodungs- und Baumoratoriums. Wir sind solidarisch mit den Klimaaktivisti, die sich für Klimaschutz einsetzen, wo Staat und Politik versagen.
Danke!
(Beifall)