Wie jedes Jahr erinnern zahlreiche Fraueninitiativen und Einzelpersonen am 25. November, dem Gedenktag „Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen“, daran, dass es mit der Bekämpfung der geschlechtsspezifischen Gewalt nicht schnell genug vorangeht. Die Umsetzung der „Istanbul-Konvention“ des Europarats aus dem Jahr 2011 lässt zu wünschen übrig – auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene. Dies bescheinigte auch das Überwachungsorgan des Europarats, GREVIO, in seiner Stellungnahme am 15.10.22 nach Sichtung des ersten Länderberichts Deutschlands zur Umsetzung.
Dazu Monika Christann, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Römer:
„Nur mit großem und stetigem Druck hat sich in Frankfurt die Stadtverordnetenversammlung zur Umsetzung der Konvention bekannt, obwohl diese durch die Ratifizierung als Bundesgesetz schon seit dem 1. Februar 2018 zwingend auch in Deutschland umzusetzen ist. Vor allem auch mit Druck der LINKEN. im Römer ist in Frankfurt die Koordinierungsstelle als erste Maßnahme entstanden. Jedoch ist es völlig unverständlich, dass erst kürzlich der Antrag der LINKEN NR 470/22 zur Bekanntmachung dieser Anlaufstelle in der Bevölkerung von der Koalitionsmehrheit abgelehnt wurde. Schließlich schreibt die Konvention vor, dass eine Koordinierungsstelle als erste Ansprechpartnerin für die Bevölkerung sowie eine davon unabhängige Monitoringstelle zur Evaluation der Maßnahmen einzurichten sind. Zwei halbe Stellen sind im Übrigen viel zu wenig für diese wichtige und umfassende Arbeit, die schließlich auf eine Bekämpfung der Gewalt, auf Prävention und damit auf eine Bewusstseinsänderung in der Gesellschaft hinwirken soll. Auch auf hessischer und auf Bundesebene mangelt es erheblich an der Umsetzung. Es fehlt neben vielen anderen Maßnahmen vor allem an Grundsätzlichem wie ein Aktionsplan und eine strukturierte Koordinierung.“
Auch auf anderer Ebene, so Christann, hinke Deutschland hinterher. Die Internationale Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen verabschiedete am 21.06.2019 die völkerrechtsverbindliche „Konvention Nr. 190 über die Beseitigung und Belästigung in der Arbeitswelt“. Sie ist ein weitreichender Meilenstein für die Bekämpfung und Prävention geschlechtsspezifische Gewalt in der Arbeitswelt inkl. „haushaltsnaher Dienstleistungen“. Die Konvention Nr. 190 wurde zwar von Deutschland unterschrieben, aber bisher nicht ratifiziert. Auch auf europäischer Ebene muss sich Deutschland mehr ins Zeug legen und seinen Einfluss ausüben, damit auch blockierende Staaten wie Bulgarien, Ungarn und Slowenien auf EU-Ebene zustimmen. Davon unabhängig sind alle Arbeitgeber*innen durch die Konvention aufgefordert, Maßnahmen zur Prävention und zum Schutz vor Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz zu ergreifen. Dazu brauchen sie keine Ratifizierung.
„Deutschland hat,“ führt Christann weiter aus, „noch viele blinde Flecken, wenn es um die Bekämpfung und Verhütung von geschlechtsspezifischer Gewalt geht, die sich insbesondere gegen Frauen* richtet. Solange das nicht geschieht, ist Deutschland keine zivilisierte Gesellschaft und braucht nicht empört in andere Länder zu schauen. Gleichwohl brauchen gerade derzeit iranische, afghanische, belarussische und kurdische Frauen* wie in Rojava unsere besondere Solidarität. Deswegen beteiligen wir uns auch am breiten Frankfurter Bündnis, welches am 25. November wieder an die Gräueltaten an Frauen* erinnert und Maßnahmen fordert,“ so Christann abschließend.
Unter dem Motto „Leben Freiheit – Nein zu Gewalt an Frauen* und Mädchen*“ findet am 25.11.22 ab 17 Uhr an der Konstablerwache eine Kundgebung mit anschließender kurzer Demonstration und Fortsetzung der Kundgebung an der Konstablerwache statt. DIE LINKE. in Frankfurt unterstützt diese Aktion und ruft zur Beteiligung auf. Weitere Informationen unter www.frauenrechteffm.de.