Mit zwei Jahren Verzögerung wurde der aktuelle Wohnungsmarktbericht für 2019/2020 veröffentlicht. Dazu Eyup Yilmaz, wohnungs- und planungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Römer:
„Die Daten kommen viel zu spät und sind mittlerweile veraltet. Die Wohnungskrise hat sich in den letzten zwei Jahren verschärft. Dass die Öffentlichkeit so lange auf den Bericht warten musste, zeigt, wie seitens der Stadt Frankfurt versucht wird, das Problem unter den Teppich zu kehren. Die wohnungspolitische Bilanz bleibt erschreckend. Der Bestand an geförderten Wohnraum schmilzt beständig ab: Zwischen 2005 und 2020 ist der Bestand um ganze 10.000 Wohnungen geschrumpft. Der Anteil von Sozialwohnungen am gesamten Wohnungsbestand beträgt nur noch 6,24 Prozent. Die durchschnittliche ‚Wachstumsrate‘ pro Jahr für geförderten Wohnraum beträgt -2,2 Prozent. Auf der anderen Seite fallen hunderte Wohnungen jährlich aus der Sozialbindung. In Frankfurt wird zwar fleißig gebaut, aber es entstehen nur teure, freifinanzierte Wohnungen, die sich niemand leisten kann!“
Dies mache sich besonders an der Mietbelastung bemerkbar. Yilmaz kommentiert: „Ein Viertel der Frankfurter*innen haben monatlich weniger als 1.500 € Einkommen zur Verfügung. Besonders diese Gruppe hat mit einer sehr hohen Mietbelastung zu kämpfen, denn 40 Prozent des Einkommens geht für die Miete drauf. Heute beträgt die Mietbelastung für diese Einkommensgruppe bis zu 60 Prozent. Haushalte mit höheren Einkommen zahlen nur einen Bruchteil ihres Einkommens für die Miete und haben durch das Überangebot an teuren Wohnungen die Qual der Wahl. Von einer sozialen Wohnraumversorgung sind wir weit entfernt!“
Denn nach wie vor würden tausende Menschen auf eine Sozialwohnung warten. Yilmaz weiter: „Seit 2011 steigt der Bedarf an Sozialwohnungen massiv an. 22.832 Personen waren 2020 auf der Warteliste für eine Sozialwohnung. Dazu kommen 7.500 Menschen in Notunterkünften. Über die Hälfte der Wohnungssuchenden haben die Dringlichkeitsstufe 1. Das sind Menschen, die ihre Wohnung verloren haben, zur Räumung verpflichtet, in Heimen untergebracht oder schon lange auf der Warteliste sind. Diese hohe Zahl an vulnerablen Menschen, die dringend angemessenen Wohnraum brauchen, spricht für sich. Mit dem Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine kommen noch tausende Geflüchtete dazu. Statt leistbare Mieten zu schaffen, entsteht eine Luxuswohnung nach der anderen. Das Problem ist hausgemacht, denn die Stadt Frankfurt steuert überhaupt nicht gegen Aufwertung und Verdrängung, sondern fördert diese Entwicklung aktiv.“
2020 kamen trotz enormen Bedarfs nur 41 neue Sozialwohnungen dazu. Yilmaz kritisiert: „Obwohl 49 Prozent der Frankfurter*innen Anspruch auf eine Sozialwohnung haben, müssen viele in teuren Wohnungen zu Marktmieten unterkommen. Wohnen in Frankfurt wird zum Armutsrisiko. Denn die Mieten stiegen auch während der Corona-Pandemie unaufhörlich. Die Mietspiegel-Miete liegt mittlerweile bei 10,29 €/m². Seit 2011 ist sie um über 27 Prozent gestiegen. Angebotsmieten sind dagegen noch höher. Nach Auswertung von Wohnungsanzeigen betrug 2020 die durchschnittliche Angebotsmiete 14,44 €/m². Mittlerweile sind die Angebotsmieten bei 15,50 €/m². Wohnen in Frankfurt ist ein Luxusgut!“
Leerstand verschärfe das Problem. Yilmaz erklärt: „Durch den Wegfall des Zweckentfremdungsverbotes auf Landesebene gibt es keine genauen Zahlen zum Leerstand für Frankfurt. Laut unterschiedlichen Schätzungen gibt es eine Leerstandsquote von bis zu 4,7 %. Das sind bis zu 17.000 Wohnungen, die einfach ungenutzt sind, obwohl in Frankfurt Wohnungsnot herrscht! Die Stadt Frankfurt selbst besitzt 95 Wohnungen, die leerstehen und weiter verfallen. Diese sollen privatisiert werden. Das ist ein Skandal!“
Wohnungspolitisch müsse sich grundlegend etwas ändern. DIE LINKE. fordert: „Mehr sozialen Wohnungsbau, keine Privatisierung von Grund und Wohnraum, auch nicht in Erbpacht, Mietenabsenkung bei der ABG Holding und die Rekommunalisierung von ehemals öffentlichen Beständen der Vonovia. Das sind notwendige Schritte, um die Wohnungskrise in Frankfurt zu bekämpfen!“