Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
Der Magistrat wird aufgefordert, die ABG Holding in die Pflicht zu nehmen, auch die nächtliche Temperaturdrosselung auf 18°C in ihren 34.000 zentral beheizten Wohnungen zurückzunehmen.
Begründung:
Die ABG Frankfurt Holding hatte die Mieter*innen über eine generelle Senkung der maximalen Raumtemperaturen informiert. Dies bedeutete eine Absenkung der Raumtemperatur auf maximal 20°C tagsüber sowie auf maximal 18°C nachts. Als Begründung für die Drosselung wurden Gaseinsparungen vor dem Hintergrund der Energiekrise genannt. Am 5. Dezember 2022 wurde bekannt gegeben, dass die Drosselung tagsüber aufgehoben wird. Die Temperatur nachts bleibt jedoch bei kalten 18°C.
Bei der Begründung wird auf die Empfehlungen des Umweltbundesamtes verwiesen. Das Amt hat einen klaren umweltpolitischen Fokus mit dem Ziel eines geringeren Energieverbrauchs. Soziale Belange stehen dabei im Hintergrund. Die Empfehlungen müssen dabei differenziert betrachtet werden: „Entscheidend ist in allen Fällen die individuelle Behaglichkeitstemperatur. Sie hängt vor allem von der raumseitigen Oberflächentemperatur der Wände und Fenster ab“ (Umweltbundesamt). Diese Differenzierung wird durch die Temperaturdrosselung in den 34.000 zentral beheizten ABG- Wohnungen verunmöglicht.
Das ist aus verschiedenen gesundheitspolitischen Aspekten untragbar: Die ABG Holding tritt die Bedürfnisse von älteren und kranken Menschen, von Kindern und vor allem von Säuglingen und von Menschen mit Behinderung mit Füßen. Die Temperaturdrosselung stellt für diese vulnerablen Gruppen, die teilweise über enorme körperliche Einschränkungen verfügen, eine besondere Härte dar, die gesundheitsschädigend sein kann. Denn: Senior*innen leiden oftmals unter Durchblutungserkrankungen. Außerdem nimmt der Anteil ihres wärmenden Fettgewebes sowie die wärmesspeichernde Muskelmasse mit dem Alter ab. Die Folgen von kalten Räumtemperaturen sind nicht nur stärkeres Frieren, sondern eine erhöhte Anfälligkeit für Krankheiten. Ebenso wie pflegebedürftige Senior*innen, verbringen beispielsweise Säuglinge, z.B. beim Wickeln oder Baden, mehr Zeit unbekleidet im Bad oder aber ohne Bewegungen im Bett und frieren daher schneller. Auch bei ihnen steigt das Risiko einer Erkrankung durch Kälte. Nicht zu missachten ist zudem der hohe Anteil an kranken Menschen im Winter. Krankheiten wie die Grippe oder eine Coronainfektion sind oftmals mit starkem Fieber und Schüttelfrost verbunden. Kranke Menschen brauchen aus diesem Grund wärmere Räume, um schneller gesund werden zu können. Die Absenkung kann folglich enorme gesundheitlich negative Folgen haben, besonders nachts bei kalten Temperaturen.
Das Temperaturempfinden und die Bedürfnisse der Mieter*innen sind nicht nur höchst divers, sondern auch stark abhängig von der Gebäudesubstanz der Wohnungen. Handelt es sich um Gebäude mit schlechter Wärmedämmung, sinken die Temperaturen in den Innenräumen noch mehr. Dort verschärfen sich die gesundheitlichen Gefahren. In solchen schlecht gedämmten Wohnungen leben oft Menschen mit niedrigen ökonomischen Ressourcen bzw. Armutsgefährdete. Diese marginalisierten Menschen spüren die Auswirkungen der Energiekrise neben Preisexplosionen folglich doppelt. Die Temperaturabsenkung erhöht ebenso das Risiko für Schimmelbefall. Dies hat nicht nur mietrechtliche Konsequenzen, sondern auch weitere gesundheitliche Auswirkungen.
Ein städtisches Wohnungsunternehmen muss gerade in Krisenzeiten, die viele Menschen und vor allem ABG-Mieter*innen vor existenzielle Nöte stellt, seinem Auftrag einer sozialen Wohnraumversorgung ernstnehmen. Dies bedeutet, auf die Bedürfnisse aller Mieter*innen Rücksicht zu nehmen und besonders die Schwächsten zu schützen. Viele Mieter*innen, die bei der ABG leben, verfügen über ein kleines Einkommen und sind bereits vor der Krise sparsam mit dem Heizen umgegangen. Die Drosselung kommt einer Bevormundung gleich. Energieeinsparungen sollten nicht durch starre Vorgaben, die individuelle Bedürfnisse missachten, sondern durch Aufklärungskampagnen erreicht werden.
Angemessener Wohnraum ist wichtige Lebensgrundlage aller Menschen. In der eigenen Wohnung frieren zu müssen und der Gefahr ausgesetzt zu sein, zu erkranken, ist ein existentieller Eingriff in das Wohlbefinden und die Gesundheit der Mieter*innen. Wärme wird sehr subjektiv empfunden, deshalb sollten Mieter*innen selbst entscheiden können, welche Temperaturen für ein gesundes und würdiges Leben notwendig sind.
Die Temperaturdrosselung der ABG ist eines öffentlichen Wohnungsunternehmens unwürdig. Die Stadt Frankfurt muss mit der Rücknahme der Heiztemperatursenkung ihren kommunalen Beitrag für das Wohl aller Mieter*innen in der Energiekrise leisten.
Dominike Pauli und Michael Müller
Fraktionsvorsitzende
Antragsteller*innen
- Stadtv. Ayse Dalhoff
- Stadtv. Daniela Mehler-Würzbach
- Stadtv. Dominike Pauli
- Stadtv. Eyup Yilmaz
- Stadtv. Michael Müller
- Stadtv. Monika Christann
- Stadtv. Pearl Hahn