Stadtverordneter Michael Müller, LINKE.:
Herr Stadtverordnetenvorsteher,
meine sehr geehrten Damen und Herren!
Antisemitismus muss immer und überall widersprochen werden. Und ja, es ist unsere gemeinsame Verpflichtung, dies zu tun. Gerade gestern haben wir auf dem Römerberg daran erinnert, dass vor 90 Jahren in Frankfurt die Bücher von Stefan Zweig, von Irmgard Keun, von Anna Seghers oder von Lion Feuchtwanger verbrannt wurden. Das waren Faschisten. Und es ist auch gut, dass heute Frankfurt eine Stadt ist, in der Antisemitismus bekämpft wird und in der es eine starke, große, lebendige Jüdische Gemeinde gibt, meine Damen und Herren.
Jetzt zu Roger Waters. Roger Waters ist für seine politische Haltung zu kritisieren. Und ja, wenn er seine Hetze gegen Israel und die Jüdinnen und Juden vorantreibt, wenn er darauf nicht verzichtet, dann ist auch sein Konzert zu boykottieren. Und ja, auch er bestärkt Verschwörungsmythen. Er relativiert den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, er bedient Verschwörungsnarrative. Von daher ist es richtig, dass wir am Abend des Konzerts eine Kundgebung vor der Festhalle abhalten, um allen Besucherinnen und Besuchern des Konzerts auch zu sagen, zu welchem Künstler sie gehen. Es ist aber auch richtig, dass wir schmerzlich zur Kenntnis nehmen müssen, dass dieses richtige Eintreten gegen Antisemitismus eben kaum allein juristisch entschieden werden kann. Denn – auch das ist Realität – es existieren unterschiedliche Grundrechte miteinander, und Eingriffe in die Kunstfreiheit sind an äußerst hohe Hürden geknüpft, und das Verwaltungsgericht Frankfurt hat eben jetzt juristisch entschieden. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, das heißt ja nicht, dass wir das Konzert kommentarlos hinnehmen und einfach so über die Bühne gehen lassen. Im Gegenteil. Lautstark und vehement muss der Protest der Zivilgesellschaft sein, und von daher ist es auch richtig, dass es diese Protestkundgebung am Sonntag vor der Festhallte gibt. Es ist wichtig, dass möglichst viele von uns, von den Frankfurterinnen und Frankfurtern, dorthin gehen.
Gemeinsam sollten wir allerdings darauf drängen – das hat Frau Ditfurth angedeutet -, dass die Vermietungspraxis der Messe GmbH sich ändert. Gerade bei der Festhalle, vor dem Hintergrund ihrer historischen Bedeutung, muss man sich doch folgende Frage stellen: Warum wurde denn überhaupt an die Produktionsfirma von Roger Waters vermietet? Es gibt keine Verpflichtung, Roger Waters eine Bühne zu geben, weder in Frankfurt noch in allen anderen deutschen Städten, wo er eben jetzt seine sogenannte Abschiedstour macht. Insgesamt müssen wir wirklich darauf drängen, dass wir eine Satzungsänderung auf den Weg bekommen, um künftig eben zu vermeiden, dass solche Künstler in der Festhalle auftreten, und daran müssen wir uns jetzt politisch orientieren und dann auch satzungsfest solche Änderungen auf den Weg bringen, damit uns solche Diskussionen in der Zukunft erspart bleiben.
Danke sehr!