Die Bauaufsicht hat neue Zahlen zur Bautätigkeit in Frankfurt veröffentlicht. Dazu Eyup Yilmaz, planungs- und wohnungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Römer:
„Die Zahl der Baugenehmigungen und Baufertigstellungen ist stark gesunken. Bei der Zahl der Baugenehmigungen ist 2022 wie auch bundesweit ein Rückgang um 4,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Damit wurden lediglich 4.583 Wohnungen genehmigt. Gleichzeitig wurden im selben Jahr nur 2.951 Wohnungen fertiggestellt. Davon waren gerade einmal 160 neue Sozialwohnungen. Der Anteil von Sozialwohnungen an der Gesamtbautätigkeit beträgt damit nur 5,42 Prozent, der Anteil von geförderten Wohnungen an der Gesamtbautätigkeit lediglich 8,5 Prozent. Das ist weit entfernt von den angestrebten 30 Prozent geförderten Wohnraum, die im Baulandbeschluss festgeschrieben sind. 2022 haben dagegen 870 Wohnungen ihre Sozialbindung verloren. 2023 werden weitere 910 Sozialbindungen wegfallen. Der Schwund an Sozialwohnungen schreitet unaufhörlich voran und es wird in keiner Weise gegengesteuert.“
Der Bauüberhang, d.h. die Zahl der genehmigten, aber noch nicht fertiggestellten Wohnungen, steigt seit Jahren kontinuierlich. Yilmaz kritisiert: „Der Bauüberhang im Jahr 2022 umfasst 12.917 Wohnungen. Mit dem Bau von 3.076 Wohnungen wurde noch nicht einmal begonnen. Das ist der höchste Wert seit drei Jahren. Ein hoher Bauüberhang kann auf spekulatives Verhalten von Investor*innen hinweisen, die durch gesicherte Baugenehmigungen auf Bodenwertsteigerungen hoffen. Er kann aber auch ein Indikator für zurückhaltendes Investitionsverhalten sein oder für eine hohe Auslastung in der Bauwirtschaft. Damit wird es immer schwieriger, bezahlbaren Wohnraum im Neubau zu realisieren.“
Angesichts der stagnierenden Neubautätigkeit müsse ein Umdenken stattfinden. Yilmaz weiter: „Die Lösung heißt daher: Bauen im Bestand. In Frankfurt stehen über eine Millionen Quadratmeter Büroflächen leer. Massenhaft leerstehende Büroräume müssen vermehrt in Wohnraum umgewandelt werden. In den großen deutschen Metropolregionen gibt es laut Immobilienspezialisten JLL Potenzial für 20.000 Mietwohnungen bis zum Jahr 2025. 463 Umwandlungen im Jahr 2022 reicht bei weitem nicht aus, zumal es im Jahr zuvor mit 872 noch mehr als doppelt so viele Umwandlungen gab. Das Potenzial aus leerstehenden Büroflächen muss endlich genutzt werden.“
Die Anzahl der genehmigten Plätze in Unterkünften für Geflüchtete hätte sich laut Bauaufsicht verzehnfacht. Yilmaz erklärt: „Eine Verzehnfachung mit Plätzen für über 1.700 Menschen zeigt den deutlich gewachsenen Bedarf an Wohnraum. Das ist kein Grund zum Feiern, sondern bedeutet eine Verstetigung des Systems der Notunterkünfte. Angesichts der 5.000 Geflüchteten, die teilweise seit Jahren in Notunterkünften leben müssen, brauchen wir in Frankfurt nicht mehr Unterkünfte und Betten für Geflüchtete, sondern langfristig vollwertige Wohnungen. Sonst droht eine jahrelange Unterbringung schutzsuchender Menschen unter fürchterlichen Zuständen.“
Yilmaz abschließend: „Der freie Markt hat diese Krise geschaffen, deshalb braucht es jetzt einen konsequenten Eingriff durch den Magistrat. Die Stadt Frankfurt muss selbst tätig werden und sich nicht weiter auf private Investor*innen verlassen. Die öffentlichen Wohnungsgesellschaften müssen endlich in die Pflicht genommen werden, deutlich mehr bezahlbare Wohnungen und Sozialwohnungen im Bestand und im Neubau zu schaffen. Außerdem muss das riesige Potenzial von leerstehendem Wohnraum und Büroraum für Umwandlungen in bezahlbare Mietwohnungen genutzt werden. Wir sind gerade in Zeiten der Baukrise auf eine wohnungspolitische Offensive angewiesen. Alles andere schafft weitere Unsicherheiten und existentielle Notlagen.“