Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
- Die Mainova AG soll weder im Heizkraftwerk West noch im Rahmen der Kooperation mit den Stadtwerken Hanau auf dem Gelände der ehemaligen Großauheim-Kaserne in Hanau neue Gaskraftwerke errichten. Die Umrüstung auf Gas greift zu kurz.
- Das Heizkraftwerk West wird stattdessen bis 2030 auf erneuerbare Energien umgestellt.
- Die vorhandenen energetischen Potentiale müssen gehoben werden. Die Fernwärmeplanung wird auf weitere Säulen gestellt, die Abwärme von Rechenzentren, die Energie aus Flusswasser, Abwasser und Geothermie sind zu nutzen. Die Möglichkeiten der Installation einer Flusswärmepumpe, die das Wasser des Mains nutzt, sind zu prüfen.
- Die Abwärme der zahlreichen Rechenzentren und Industrieparks sollen sowohl für Nahwärmenetze als auch zur Einspeisung in das Fernwärmenetz genutzt werden.
- Der Anschluss ans Fernwärmenetz ist zu vereinfachen.
Gemessen am gesamten Wohngebäudebestand in Frankfurt, der nur zu einem geringen Teil durch Fernwärme versorgt wird, ist bei der kommunalen Wärmeplanung der Aufbau von Nahwärmenetzen und die dezentrale Energiewende von unten in den Fokus zu nehmen. Relevant ist die staatliche Steuerung von Wärmenetzen, um Lösungen auf Quartiers- und Siedlungsebene zu ermöglichen. Hierfür braucht es nicht nur Transparenz und den Einbezug von Bürger*innen, sondern auch eine gemeinsame Entwicklung von Wärmeplänen mit den Nachbarschaften, um kollektive Lösungen zu erarbeiten und in die tat zu setzen.
Die Nah- und Fernwärmenetze, die durch kommunale Wärmeplanung geschaffen werden, gilt es in öffentliche Hand zu überführen und lokal zu verwalten. Wenn Quartierslösungen mit mehreren Eigentümer*innen konzipiert umgesetzt werden, können Genossenschaften oder andere gemeinwirtschaftliche Eigentumsmodelle sinnvolle Lösungen sein.
Weiterhin ist das große Solarpotential der Stadt zu heben, die Stadt muss hierbei Vorbild sein. Zudem müssen Privathaushalte seitens der Stadt stärker unterstützt werden:
- Alle geeigneten städtischen Dächer und Freiflächen, auch die der Tochterunternehmen und Beteiligungsgesellschaften, werden gemäß einer Prioritätenliste auf Basis des Solarkatasters geprüft und bis 2025 mit der maximalen Auslastung an Solaranlagen (Photovoltaik oder Solarthermie) bestückt. Dort, wo eine Solaranlage aus technischen Gründen nicht installiert werden kann, wird begrünt.
- Frankfurt startet gemeinsam mit der Mainova eine Kampagne zur Bekanntmachung des Solarkatasters sowie der Beratungsangebote zu Solarstrom in Eigenregie bzw. Mieter*innenstrommodelle und legt ein Förderprogramm für Solaranlagen auf Privatdächern auf, analog zur Klimabonus-Förderlinie „Frankfurt frischt auf“.
- Privathaushalte, die Solaranlagen an ihren Fassaden oder auf ihren Dächern anbringen, können einen Antrag auf Förderung bis zu 30% stellen.
- Kleine Solaranlagen müssen auch ohne lokalen Stromabsatz wirtschaftlich sein, denn kein Dach darf ungenutzt bleiben. Es braucht sichere Einspeisevergütungen auf attraktivem Niveau.
- Der Magistrat erstellt ein Konzept für „Energy-Sharing“, um einen unkomplizierten und unbürokratischen Prozess zu gewährleisten.
Begründung:
Die Stadt Frankfurt hat sich das Klimaziel gesetzt, die CO2-Emissionen bis 2030 um 50 Prozent und bis 2050 um 95 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Aktuell protestieren Klimagruppen gegen die Errichtung von neuen Erdgaskraftwerken durch die Mainova in Frankfurt und Hanau. Sie warnen angesichts des Baus neuer fossiler Infrastruktur berechtigterweise vor einem neuen fossilen Lock-in.
Es ist fahrlässig, nach dem Ende der Fernwärmeversorgung durch die Kohlekraftwerke auf Erdgaskraftwerke zu setzen. Diese sollen zwar „wasserstofffähig“ sein, allerdings gehen alle Studien und Prognosen derzeit davon aus, dass zwischen 2030 und 2035 nicht genügend grüner Wasserstoff für die Substitution fossiler Brennstoffe zur Verfügung stehen wird.
Es wird noch auf lange Zeit sehr begrenzte Kapazitäten für grünen Wasserstoff geben und daher wird die Wärme aus diesem Energieträger absurd teuer werden. In einer Antwort auf die Frage F 936 gab der Magistrat an:
„Derzeit rechnet die Mainova AG perspektivisch mit einem Einsatz von Wasserstoff in der Größenordnung von 75 bis 100 Prozent. Jedoch bleibt die letztendliche Verbrauchsmenge davon abhängig, wie viel Wasserstoff auf dem Markt verfügbar ist. Dazu lässt sich in der aktuellen Situation keine seriöse Einschätzung abgeben.“
Auch die von der Fraktion DIE LINKE. in der Anfrage A 212 aufgeworfenen Fragen zur Umstellung des Heizkraftwerks West von Kohle auf Gas sind bis heute noch nicht durch den Magistrat beantwortet worden. Wir wissen also nicht, wann Magistrat und Mainova damit rechnen, dass genug mittels erneuerbarer Energien erzeugter Wasserstoff (grüner Wasserstoff) für den Betrieb des HKW zur Verfügung steht und ob damit auch bezahlbare Wärme für die Frankfurter*innen angeboten werden kann.
Der derzeit wahrscheinlichste Fall ist eine auf unbestimmte Zeit andauernde
Erdgasnutzung oder die Verwendung von klimaschädlichem fossilem türkisem oder blauem Wasserstoff. Beides ist aus Klimaschutzgründen komplett unverantwortlich. Des Weiteren ist schon heute klar, dass die Preise für fossile Energieträger weiter steigen werden, sodass auf Verbraucher*innen höhere Energierechnungen zukommen werden. Auch grüner Wasserstoff wäre viel zu teuer. Weiterhin bliebe beim gewählten Transitionspfad die Abhängigkeit der Energieversorgung von totalitären Regimen auf unabsehbare Zeit erhalten bzw. werden neue neokoloniale Abhängigkeiten aufgebaut.
Kurz: Frankfurt muss verhindern, dass eine teure Wärmeerzeugung in die Wege geleitet wird, die dauerhaft fossile Energieträger nutzt – die dann alle zahlen müssen. Dabei geht es nicht nur um Klimaschutz, sondern auch um bezahlbare Wärmeversorgung. Die Stadtverordnetenversammlung und der Magistrat dürfen die Mainova und ihre Gaslobbyist*innen nicht die Weichen für eine teure, für viele unbezahlbare, Wärmeerzeugung stellen lassen.
Schon jetzt gibt es zum Bau neuer Erdgaskraftwerke für die Nah- und Fernwärme Alternativen: Großwärmepumpen kommen bereits vielerorts in Europa zum Einsatz. Auf kommunaler Ebene in der Wärmeplanung scheinen sie aber bislang nicht ausreichend diskutiert. Andere Kommunen sind hier ebenfalls weiter, u.a. wird in Wiesbaden gerade ein Projekt „Wärme aus dem Rhein“ geplant. Auch der Main ist ein Wärmestrom. Darüber hinaus gilt es die vorhandenen Energiepotentiale zu heben und nachhaltig auf erneuerbare Energien umzusteuern.
Die dezentrale Energiewende sorgt für mehr Flexibilität und ist auf lange Sicht gesehen umweltfreundlicher und günstiger als große Kraftwerke und weiterer Netzausbau. Zudem kann durch lokale Optimierung des Netzes und der Stromversorgung jede*r profitieren, so wird bspw. die Stromrechnung günstiger. Darüber hinaus schafft ein dezentrales Energienetz mehr Teilhabe und kann für mehr Akzeptanz von grüner Energie bei Bürger*innen sorgen. Die Koalition hat die Gründung einer Bürger*innenenergiegenossenschaft (BEG) initiiert. Sie sollte auch für die Ausarbeitung von Energy-Sharing-Konzepten genutzt werden.
DIE LINKE. fordert einen entschlosseneren Umbau und Aufbau erneuerbarer Energien, eine dezentrale Energiewende und mehr Unterstützung für Privathaushalte. Es ist eine Frage des politischen Willens, wie die zukünftige Energieversorgung aussieht.
Dominike Pauli und Michael Müller
Fraktionsvorsitzende
Antragstellende:
Stv. Ayse Dalhoff
Stv. Dominike Pauli
Stv. Daniela Mehler-Würzbach
Stv. Eyup Yilmaz
Stv. Michael Müller
Stv. Monika Christann