Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
- Die in den Anlagerichtlinien für die Stadt Frankfurt am Main formulierten Anlageziele zu Nachhaltigkeit (3.4.) gelten auch für Geldanlagen und Geschäftstätigkeiten durch unmittelbare und mittelbare Beteiligungen der Stadt Frankfurt.
- Die Magistratsmitglieder, die im Aufsichtsrat der Messe Frankfurt vertreten sind, veranlassen eine Prüfung der Geschäftstätigkeit und Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft Messe Frankfurt Middle East in Saudi-Arabien vor dem Hintergrund der Missachtung von Menschenrechten in diesem Land sowie der sich zuspitzenden bewaffneten Konfliktlage im Nahen Osten. Sie veranlassen ferner die Einstellung dieser Geschäfte, sofern sie nicht den Anlagerichtlinien der Stadt Frankfurt entsprechen.
Begründung:
Mit Beschluss der Vorlage M 190 „Kompetenzabgrenzung Stadtverordnetenversammlung – Magistrat betreffend den Bereich der mittelbaren Beteiligung der Stadt Frankfurt am Main“ am 15.12.2016 hat die Stadtverordnetenversammlung ihr Mitspracherecht bei mittelbaren Beteiligungen „von größerer Bedeutung“, d.h. bei einer städtischen Beteiligung von mindestens 20 Prozent, abgegeben.
Damit hat die Stadtverordnetenversammlung ihre eigenen Entscheidungsbefugnisse deutlich beschränkt und ihre Möglichkeiten zur politischen Regulierung und demokratischen Kontrolle von Wirtschaftstätigkeit erheblich reduziert. Ein Hebel wurde damit aus der Hand gegeben, der ein Gegensteuern zur Maxime reiner Gewinnmaximierung von Unternehmen sowie die Orientierung auf Gemeinwohlinteressen erlaubt hatte.
Am Beispiel der Messe Frankfurt werden die negativen Konsequenzen dieses Grundsatzbeschlusses erkennbar. Die Messe Frankfurt GmbH mit Sitz in Frankfurt am Main ist im Besitz der öffentlichen Hand. Anteilseigner*innen sind die Stadt Frankfurt mit 60 Prozent und das Land Hessen mit 40 Prozent. Die Messe Frankfurt expandiert kontinuierlich ihre internationalen Geschäfte. Über zwei hundertprozentige Tochterfirmen, die Messe Frankfurt Exhibition GmbH und deren Unternehmenstochter die Messe Frankfurt Middle East GmbH, baut sie derzeit auch ihre Aktivitäten in Saudi-Arabien aus.
Drei Messen werden dort mittlerweile veranstaltet. Dieses Jahr ist eine Fachmesse für die Sicherheitsbranche „Intersec“ hinzugekommen, in der es u.a. um die Innere Sicherheit und Polizeiarbeit Saudi-Arabiens geht, die auch von Militärs besucht wurde und Anfang Oktober 2023 in Riad stattgefunden hat. Vor dem Hintergrund der andauernden Menschenrechtsverletzungen in diesem Land sowie des Krieges im Nahen Osten sind diese Geschäfte nicht vertretbar und widersprechen den Richtlinien für Geldanlagen, denen sich die Stadt Frankfurt verpflichtet hat.
Zur Erläuterung, im Folgenden, ein Auszug der in den Anlagerichtlinien für die Stadt Frankfurt am Main formulierten Anlageziele zu Nachhaltigkeit (3.4., S. 4):
„[…] Die Anlagepolitik der Stadt Frankfurt am Main orientiert sich dabei an der Einhaltung ethischer, ökologischer, menschenrechtlicher und demokratischer Standards. In Anlehnung an die DIN ISO 26000 sind dies die Grundsätze Rechenschaftspflicht, Transparenz, ethisches Verhalten sowie der Achtung der Interessen von Anspruchsgruppen, insbesondere der Rechtsstaatlichkeit, von internationalen Verhaltensstandards und der Menschenrechte. Darüber hinaus ist auch im Rahmen der ESG-Kriterien („Environment, Social, Governance“) der Aspekt „Umwelt“ besonders zu berücksichtigen, hierbei kann auch auf einschlägige Gütesiegel zurückgegriffen werden. […]“
Wir beantragen daher einerseits, dass die Einhaltung dieser Richtlinien auch für unmittelbare und mittelbare Beteiligungen der Stadt Frankfurt bindend werden. Mit dieser Maßnahme kann sichergestellt werden, dass bei Geschäftstätigkeiten über verzweigte Unternehmenskonstrukte zumindest grundlegende soziale und ökologische Standards, wie beispielsweise die Wahrung der Menschenrechte, nicht missachten werden.
Andererseits beantragen wir für den konkreten Fall der Messegeschäfte in Saudi-Arabien, dass die Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien, denen sich die Stadt Frankfurt verpflichtet hat, durch die Magistratsmitglieder im Aufsichtsrat der Messe Frankfurt geprüft und ggf. sanktioniert bzw. revidiert werden.
DIE LINKE. im Römer
Dominike Pauli und Michael Müller
Fraktionsvorsitzende
Antragstellende:
Stv. Ayse Dalhoff
Stv. Dominike Pauli
Stv. Daniela Mehler-Würzbach
Stv. Eyup Yilmaz
Stv. Monika Christann
Stv. Michael Müller