Finanzpolitische Kurskorrektur über die Einnahmenseite

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

  1. Stadtkämmerer Bastian Bergerhoff wird aufgefordert, ein Konzept zu erarbeiten, in dem Maßnahmen zur Bewältigung der aktuellen finanzpolitischen Herausforderungen von der Einnahmeseite her entwickelt werden.
  2. Eine Maßnahme ist dabei die Anhebung der Gewerbesteuerhebesätze um 30 Punkte.
  3. Eine weitere Maßnahme ist dabei die Schaffung von weiteren Stellen für Steuerfahnder*innen zur Betriebsprüfung. Hierfür nimmt die Stadt Frankfurt ihre gesetzlichen Mitwirkungsrechte im Steuerermittlungsverfahren (§ 21 Abs. 3 FVG) zur Gewerbesteuer wahr. Die Aufgabe der kommunalen Betriebsprüfung besteht in der Begleitung, Unterstützung und Intensivierung der Betriebsprüfung durch das Finanzamt mit der Zielsetzung, Fehlern im Verfahren vorzubeugen, das Verfahren zu beschleunigen und die Gewerbesteuerpflicht der Unternehmen durchzusetzen.
  4. Dieses Konzept und Maßnahmenpaket zur finanzpolitischen Kurskorrektur über die Einnahmeseite fließt in den Entwurf für den Doppelhaushalt 2024-2025 ein.

 Begründung:

Das Hessische Innenministerium hat den Haushalt 2023 genehmigt, aber das Haushaltssicherungskonzept, in dem Einsparungspläne vorgelegt werden, abgelehnt.  Zudem hat das Ministerium die Haushaltsführung der Römerkoalition teilweise kritisiert und eine Erweiterung der Haushaltskonsolidierung gefordert. Bergerhoff hat bereits angekündigt, dass die Kämmerei „Planungsvorgaben sowie die Ausgaben weiterhin kritisch auf den Prüfstand stellen“ werde. Dies wird verstärkte Einsparungen im kommenden Doppelhaushalt zur Folge haben. Einen Haushalt rein von der Ausgabenseite her zu konsolidieren, ist jedoch ein höchst problematischer Ansatz. Stattdessen sollte ein Konzept entwickelt werden, dass die Einnahmeseite in den Fokus nimmt, denn nur so kann gewährleistet werden, dass soziale Ungerechtigkeiten nicht weiter verschärft werden.

Die wichtigste Einnahmequelle der Stadt Frankfurt ist die Gewerbesteuer, die aber seit über einem Jahrzehnt nicht angetastet wird. Die Stadtregierung stand bisher auf der Einnahmenbremse und hat Unternehmensgewinne seit 2006 – also seit 17 Jahren – auf demselben niedrigen Niveau besteuert. Seit Jahren entgehen Frankfurt dadurch jährlich hunderte Millionen Euro an Steuereinahmen. Diese Steuergeschenke für Wohlhabende zahlt die Allgemeinheit. Sie haben zur Folge, dass notwendige Mittel für Schulbau, Klimaschutz, soziale Zuschüsse an Vereine und Verbände und auch für die Sanierung der Verkehrsinfrastruktur fehlen.

Daher fordern wir eine moderate Gewerbesteuersatzerhöhung von 460 auf 490 Punkte. So können die Einnahmen der Stadt um ca. 100 Millionen Euro jährlich steigen und es stehen die notwendigen Mittel zur Verfügung, um damit Investitionen zu tätigen und den städtischen Handlungsspielraum zu erweitern. Die Stadt München hat bereits seit Jahren einen Hebesatz von 490 Punkten und dies hat nicht zu einer „Unternehmensflucht“ geführt, wie aus Wirtschaftskreisen als Argument gegen eine Erhöhung stets behauptet wird. In Wiesbaden wurde diesen Monat die Anhebung der Gewerbesteuerhebesätze beschlossen. Frankfurt sollte diesen Beispielen folgen und den zentralen finanzpolitischen Hebel für Kommunen endlich nutzen. Damit kann die Stadt in Soziales und Klimaschutz investieren, mehr bezahlbare Wohnungen schaffen und den ÖPNV ausbauen. Davon profitiert ganz Frankfurt. Für alle wird es konkrete Verbesserungen geben und gleichzeitig wird die soziale Spaltung und Ungleichheit nicht befördert, da die unternehmerischen Gewinne zur Finanzierung verwendet werden. Damit können Kürzungen im öffentlichen Bereich verhindert und der Haushalt konsolidiert werden.

Die Gewerbesteuer ist eine reine Gewinnsteuer. Ihre Berechnungsgrundlage ist der Unternehmensgewinn, allerdings erst ab einem Gewinn über 24.500 Euro. Die meisten Kleinunternehmen liegen darunter und müssen daher keine Gewerbesteuer zahlen. Eine Erhöhung der Gewerbesteuer trifft diejenigen mit höheren Gewinnen. Die Gewerbesteuer wird als Gegenleistung dafür erhoben, dass Unternehmen Infrastruktur und öffentliche Dienst­leistungen nutzen. Denn erst Straßen, Gewerbegebiete, Gründer*innenzentren, Abwasser- und Abfallentsorgung, ÖPNV-Anbindung und andere Leistungen ermöglichen die Produktion, öffnen den Zugang zu Märkten, bringen Kund*innen in die Geschäfte und schaffen ein attraktives Lebensumfeld für Mitarbeiter*innen.

Mit einer Umverteilung der Gewinne der Großkonzerne, Banken und Versicherungen kann ein gerechteres Frankfurt geschaffen werden. Es gibt keine sachlichen Argumente gegen eine stärkere Beteiligung der Industrie und des Gewerbes an der Finanzierung des Gemeinwohls. Vorschläge, die hingegen Kürzungen bei freiwilligen Leistungen oder Gebührenerhöhungen, etwa bei Schwimmbädern oder dem ÖPNV in Betracht ziehen, verschärfen lediglich die soziale Spaltung unserer Gesellschaft und bitten auch diejenigen zur Kasse, die kaum finanzielle Mittel für ihren Lebensunterhalt zur Verfügung haben. Eine Konsolidierung des Haushalts mit Kürzungsmaßnahmen kommt einer sozialpolitischen Verantwortungslosigkeit gleich und kann daher keine plausible Option sein.

Das geforderte Konzept zur finanzpolitischen Kurzkorrektur sollte außerdem die Maßnahme umfassen, Steuerbetrug bei der Abgabe der Gewerbesteuer zu verhindern. Die Gewerbesteuereinnahmen können durch den Einsatz von kommunalen Betriebsprüfer*innen zusätzlich gesteigert werden. Andere Kommunen haben mit dem Einsatz von kommunalen Betriebsprüfer*innen bereits gute Erfahrungen gemacht.

Die Teilnahme von kommunalen Betriebsprüfer*innen stellt auch keinen Eingriff in das Steuergeheimnis nach § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO dar. Das Finanzgericht Düsseldorf stellt in einem Urteil vom 19. Januar 2018 (1 K 2190/17 AO) fest: „§ 21 Abs. 3 FVG gewährt den Gemeinden das Recht auf Teilnahme an Außenprüfungen der Landesfinanzbehörden für den Bereich der Realsteuern. Aus diesem Recht folgt die Pflicht der Steuerpflichtigen, die Anwesenheit der Gemeindebediensteten zu dulden und diesen Zutritt zu ihren Geschäftsräumen zu gewähren, ohne dass es hierfür einer zusätzlichen gesonderten Ermächtigungsgrundlage bedarf. Es liegt kein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Vorbehalt des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) im Rahmen staatlicher Eingriffsverwaltung vor.“

Mit diesem Antrag für eine Verbesserung der Finanzierungsgrundlage der Kommune mittels der Einnahmenseite soll Frankfurt wieder zu einer Stadt werden, die handlungsfähig ist und ausreichend Mittel zur Verfügung hat, um eine soziale und klimagerechte Stadtpolitik umzusetzen. Die Maßnahmen sollten daher auch in den Entwurf des Doppelhaushalts 2024-2025 einfließen.

DIE LINKE. im Römer
Dominike Pauli und Michael Müller
Fraktionsvorsitzende

Antragstellende:
Stv. Ayse Dalhoff
Stv. Dominike Pauli
Stv. Daniela Mehler-Würzbach
Stv. Eyup Yilmaz
Stv. Monika Christann
Stv. Michael Müller

Dieser Beitrag wurde unter Anträge abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.
Nach oben