Rede während der 28. Plenarsitzung am 1. Februar 2024
Stadtverordneter Michael Müller, LINKE.
Sehr geehrter Vorsteher,
meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich denke, wenn wir über Steuern sprechen, sollten wir zunächst auch ein bisschen über Zahlen sprechen. Die Gewerbesteuer ist eine reine Gewinnsteuer. Es gibt einen Freibetrag, der für alle Unternehmen gilt. Nehmen wir mal an, ein Gewerbetreibender mit Personengesellschaft macht 100.000 Euro Gewinn. Aktuell zahlt er 12.155 Euro Gewerbesteuer. Bei einer Erhöhung der Gewerbesteuer auf 390 Punkte, wie wir sie vorschlagen, würde die Belastung auf jährlich 12.950 Euro steigen. Wir reden also von 800 Euro im Jahr mehr bei 100.000 Euro Gewinn.
Bei Kapitalgesellschaften ist es so, dass die Gewerbesteuer etwas höher ist, aber auch hier reden wir bei unserem Vorschlag von 1.000 Euro im Jahr mehr bei 100.000 Euro Gewinn. Unser Vorschlag würde also bedeuten, dass 100.000 Euro Gewinn mit 0,8 Prozent mehr besteuert würden. Und jetzt sagen Sie mir bitte alle, dass das der Untergang wäre und dass dann alle Kreditinstitute sofort Frankfurt am Main verlassen würden. Das stimmt einfach nicht. Und ehrlich gesagt, ist es unsozial, wenn man genau diese soziale Schieflage ausblendet. Ich glaube, dass es eine moderate Erhöhung wäre.
Ich blende es gar nicht aus. Und deswegen glaube ich, dass dieser Vorschlag nicht so ist, wie Sie ihn darstellen. Ihr Szenario, finde ich, verkennt die Stärke Frankfurts und diese bliebe auch da, wenn Unternehmen ein bisschen mehr bezahlten. Von daher halten wir daran fest, dass dies der richtige Weg wäre. In der ganzen Debatte ist in Ihren Beiträgen ein bisschen wenig zu der sozialen Schieflage der Menschen gekommen. Ehrlich gesagt, sollten Sie auch zur Kenntnis nehmen, dass in Frankfurt in den letzten Jahren natürlich die Aufgaben gewachsen sind. Die sozialen Herausforderungen werden doch größer. Die Zahl der Menschen, die in Altersarmut sind, steigt. Die Inflation ist da.
Das sind alles Faktoren, die bedingen, dass wir die Einnahmen erhöhen müssen und deswegen reicht es nicht beziehungsweise ist es zu billig zu sagen, wir hätten schlicht ein Ausgabenproblem. Es reicht auch nicht, den Haushalt anders zu priorisieren. Ich stimme aber Frau Luxen und anderen zu, dass wir natürlich mehr Personal brauchen, um die Aufgaben zu stemmen und den Investitionsstau zu beheben. Nur, wenn wir mehr Personal wollen, das dann auch in Frankfurt lebt, müssen wir mehr Wohnungen bauen.
Und das ist doch der Zusammenhang. Ich sage Ihnen noch etwas: Heute war eine Besuchergruppe von ungefähr 20 Inspektor:innenanwärter:innen da. Was glauben Sie, wie viele von denen noch in Frankfurt wohnen? Exakt eine Person kommt aus Frankfurt. Die anderen pendeln teilweise aus dem Main‑Kinzig‑Kreis, Gelnhausen oder Fulda, weil es hier schlicht zu teuer ist. Von daher finde ich, müssen wir uns doch der sozialen Realität stellen und uns insgesamt viel mehr am Gemeinwohl orientieren. Und meine Meinung ist, dass auch Unternehmen mehr zum Gemeinwohl beitragen können.
Ihre Argumente haben mich so noch nicht überzeugt.
Danke sehr!