Rede während der 29. Plenarsitzung am 29. Februar 2024
Stadtverordnete Dr. Daniela Mehler-Würzbach, LINKE.:
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
werte Kolleg:innen!
Ich werde jetzt nicht über die Diskriminierung junger Mütter sprechen oder das deutsche Mutterbild oder die Vereinbarkeitsprobleme von Mike Josef.
Heute stehen wir an einem weiteren Wendepunkt in der Zukunft unserer Stadt. Die Dezernentin für Klima, Umwelt und Frauen bestimmt maßgeblich darüber, wie mit den dringendsten Herausforderungen unserer Zeit in unserer Stadt umgegangen werden wird und wie viel von den Beschlüssen, Konzepten und Lippenbekenntnissen in Umsetzung gebracht werden wird. Wir sind Auge in Auge mit der Klimakatastrophe, die nicht nur das ökologische Gleichgewicht bedroht, sondern auch soziale Ungerechtigkeiten verstärkt. Wir können nicht länger ignorieren, dass sie reale Auswirkungen auf das Leben der Menschen hat, insbesondere auf diejenigen, die ohnehin schon am stärksten benachteiligt sind. Als LINKE. haben wir eine klare Vision für die Zukunft Frankfurts. Wir fordern eine Politik, die soziale Gerechtigkeit, ökologische Verantwortung und auch Geschlechtergerechtigkeit miteinander verbindet. Wir erwarten von einer neuen Dezernentin, dass sie diese Vision mit Leidenschaft, Entschlossenheit und Tatkraft vorantreibt. Dafür, dass dieses Dezernat – jetzt kommt gleich wieder Jubel der GRÃœNEN, wie beim Mobilitätsdezernenten – schon seit 1989 in grüner Hand ist, ist deutlich zu wenig Fotovoltaik auf den Dächern Frankfurts und besonders auf den städtischen Dächern. Das Grünflächenamt ist unterfinanziert und hat zu wenig Kapazitäten, um sich adäquat um das Stadtgrün zu kümmern und die Spielplätze instand zu halten. Und auch die Entsiegelung und die Transformation der öffentlichen Plätze gehen viel zu langsam voran. Ãœberall fehlen die Ressourcen. Der Klimabeirat ist zwar im Magistrat beschlossen worden, aber seine Zusammensetzung und Arbeitsweise sind nicht transparent und einberufen ist er auch noch nicht, obwohl er gerade jetzt eine so wichtige Rolle einnehmen könnte.
Auch hinsichtlich der kommunalen Wärmeplanung fehlt die Transparenz. Hier liegt uns Ausschussmitgliedern die Konzeptstudie nun endlich vor, der Öffentlichkeit weiter nicht, während Mainova und Süwag schon damit arbeiten. Die Autor:innen teilen übrigens unsere Analyse, dass die Entscheidung, CO2-freie Gase, vor allem Wasserstoff, für die Wärmewende anzuwenden, zur Erreichung der Klimaneutralität in diesem Sektor bis 2035, aber auch bis 2045, nicht so realistisch ist und für die angeschlossenen Haushalte teuer werden wird. Parallel zur Erarbeitung der Konzeptstudie wurden über Beschlüsse für den Umbau von Infrastruktur bereits Vorentscheidungen getroffen, die absehbar einer kostengünstigen Dekarbonisierung der Wärmeversorgung sowie der Einhaltung des Klimaziels zuwiderlaufen. Wie setzen Sie das Primat der Politik, der demokratischen Entscheidungen über die Zukunft der Wärmewende, um? Das ist eine der Gretchenfragen, die Sie sich und die wir uns stellen müssen.
Apropos Klimaziel: Nachdem in den letzten Jahren nicht genug passiert ist, wird das Frankfurter Klimaziel 2035 nicht haltbar sein. Hier muss sich die Politik ehrlich machen. Auch im Bereich der Frauenpolitik liegt noch viel im Argen. Die Umsetzung der Istanbul‑Konvention ist immer noch völlig unterschätzt, der Ausbau der Frauenhaus-Plätze kommt nicht voran. Ein Portrait in der FAZ über die zur Wahl stehende Kandidatin wurde mit der Aussage: „Ich will nicht auf den Tisch hauen“ übertitelt. Diese Aussage ist vielleicht menschlich nachvollziehbar, aber inakzeptabel angesichts der Dringlichkeit und Ernsthaftigkeit der Lage. Wir können es uns nicht leisten, am Klima zu sparen – hier muss man sich gegenüber dem Kämmerer durchsetzen -, halbherzige Maßnahmen zu ergreifen, den Status quo zu akzeptieren oder zu weiche Kompromisse einzugehen. Wir brauchen eine Dezernentin, die sich nicht scheut, unbequeme Entscheidungen zu treffen, auch in harte Konflikte mit der Wirtschaft und den Bremsern aus dem fossilen Zeitalter zu gehen, gegen Widerstände anzukämpfen und sich für das Wohl aller Menschen einzusetzen – eine Dezernentin, die auch auf den Tisch hauen will, wenn es sein muss.