Soziale Schieflage beim Haushalt und die bombastische Entdeckung der Grünen

Im Wirtschafts-, Rechts- und Frauenausschuss am 26.06.24 standen viele Etatanträge und eine um Jahrzehnte verzögerte Entdeckung der Grünen. Auf besonderen Wunsch der Grünen wurde für die Sitzung eine Tischvorlage (E 220) auf die Agenda gesetzt, die unbedingt noch abgestimmt werden sollte. Dazu Monika Christann, frauen und wirtschaftspolitische Sprecherin der Linken im Römer: „Bemerkenswert, dass die Frankfurter Grünen nach Jahrzehnten entdecken, dass für den städtischen Haushalt das politische Steuerungsinstrument „Gender Budgeting“ (Teil des Gender Mainstreamings) anzuwenden ist. Es waren auf Bundesebene die Grünen selbst, die Konzepte zum Gender Budgeting entwickelt hatten – vor schon mehr als zwanzig Jahren. In einigen Kommunen wie z. B. München, wird Gender Budgeting auch angewendet. Vor drei Jahren habe ich die gesetzlich vorgeschriebene Anwendung eines geschlechtergerechten Haushalts angemahnt – ohne Erfolg. Gender Budgeting ergibt sich aus dem Art. 3 (2) Grundgesetz, aus diversen Europäischen Richtlinien, aus der Europäischen Gleichstellungscharta usw. Wie so oft ist die Linke den Frankfurter Grünen auch in diesem Punkt meilenweit voraus.

Die Grünen sollten sich schämen, dass sie zum Zeitpunkt, wo die Etatanträge und die Verteilung der städtischen Gelder längst feststehen und auch entsprechend von der Koalitionsmehrheit votiert wurden, jetzt noch einen Antrag auf Gender Budgeting für den Doppelhaushalt einreichen. Das ist zu diesem Zeitpunkt herausgeworfenes Geld, denn für die Einführung und Fortentwicklung der Querschnittsaufgabe müssen zunächst Magistrat und Verwaltung umgebaut werden und die Ergebnisse der Fragestellungen, welche Auswirkungen der jeweilige Etatantrag auf die geschlechtergerechte Verteilung hat, müssen sich in den Etatanträgen niederschlagen. Das ist aber zu diesem Zeitpunkt, nachdem alle Etatanträge bis 2025 votiert sind, sinnlos, denn frühestens in der nächsten Wahlperiode könnte dieser strukturelle Umbau stattfinden. Auf meine Nachfrage, wofür genau denn die für die Haushaltsjahre 2024 und 2025 jeweils zur Verfügung gestellten 50.000 Euro verwendet werden sollten, gab es die Antwort: für eine Fachtagung. Und der Rest würde vom Kämmerer verteilt werden. Auch das ist sinnfrei, weil die Bundes-Grünen diese Konzepte bereits entwickelt haben. Es zeigt, dass die Grünen und die Koalition in Frankfurt keinen Plan haben, was für ein Steuerungsinstrument Gender Budgeting ist und wie dies umzusetzen ist.“

„Im übrigen“ urteilt Monika Christann, „bedeuten die Schwerpunkte der Etatanträge, dass es zu einem noch stärkeren Ungleichgewicht in der Gesellschaft kommen wird. Die vorliegenden Anträge aus der Wirtschaftsförderung zeigen, dass alte patriarchale Wirtschaftsmodelle mit Millionen-Beträgen gefördert werden. Sogar die Zur-Verfügung-Stellung von Risikokapital für private Investoren für Startups ist darin enthalten (E 242). Nutznießende sind fast ausschließlich Männer, die sich in den hochprofitorientierten Feldern tummeln.

Hingegen werden die „social startups“ (E 246), in denen Frauen eher zu finden sind, weil sie i.d.R. gemeinwohl- und ökologisch orientiert sind, mit 100.000 Euro abgespeist und für die „female founders programme“ (E 244) sind 200.000 Euro sowie Mentoring und workshops geplant. Es hat sich bei den Koalitionnär:innen noch nicht herumgesprochen, dass auch eine nachhaltige Stadt ein Wettbewerbs- und Standortvorteil ist.

Die Bankensparte ist zwar wichtig für die Stadt; genauso wichtig sind aber die arbeitenden Menschen, die gerade nicht in diesen Hochprofit-Unternehmen mit nur wenigen Arbeitsplätzen arbeiten können oder wollen. Es geht um den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dieser wird erheblich gestört, wenn bei den sozialen Leistungen gekürzt wird und gleichzeitig Hochprofit-Unternehmen im Verhältnis dazu unverhältnismäßig gefördert werden. Solch eine Politik nenne ich verantwortungslos und demokratiegefährdend. Und die Stadt besteht nicht nur aus Tourist:innen. Von einer Stadt für alle Frankfurter:innen entfernen wir uns immer mehr.

Wenn wir einen guten Arbeitsmarkt mit ausreichend Fachkräften in Frankfurt haben wollen, brauchen wir einen starken Ausbau der Ausländerbehörde, die so ausgestattet ist, dass potentiellen Fachkräften der Weg geebnet und nicht erschwert ist. In diese Zukunft mit einer echten Willkommenskultur sollten wir auch verstärkt investieren.

Wir brauchen eine städtische Förderung, die das Gemeinwohl in den Vordergrund stellt, der kommunalen Daseinsvorsorge vollständig und nicht fragmentiert nachkommt und sich an sozialen und ökologischen Kriterien orientiert anstatt am in jeder Hinsicht zerstörerischen Raubtierkapitalismus. Dafür streitet die Linke.“ so Christann abschließend.

Hinweis: 2022 hat die Linke im Römer eine Veranstaltung zum Thema „Gender Mainstreaming und Gender Budgeting“ durchgeführt. Sie wurde aufgezeichnet und ist auf der Homepage der Linken unter „Presse/Videos“ noch nachträglich anzusehen. https://youtu.be/PJd8Py00910

 

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