Keine Bezahlkarte für Geflüchtete in Frankfurt

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Der Magistrat setzt sich beim Land Hessen ein, dass die Bezahlkarte für Geflüchtete als Mittel zur Gewährung von Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht in Frankfurt am Main eingesetzt wird. Die Auszahlung der Transferleistungen erfolgt weiterhin per Bargeld bzw. Überweisung auf ein Girokonto.

 

Begründung:

Die Änderungen des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG), womit die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete bundesrechtlich abgesichert werden soll, hat der Bundestag im April 2024 beschlossen. Bei der Bezahlkarte handelt es sich um eine guthabenbasierte Karte ohne Kontoverbindung, die als Option für Erbringung von Sozialleistung für Bezieher*innen nach dem AsylbLG gelten soll. Die genaue Funktionsweise und der räumliche Geltungsbereich werden sich je nach Bundesland unterscheiden. Die Karte könnte in Hessen im Sommer 2024 an den Start gehen. Aktuell wird eine länderübergreifende Ausschreibung durchgeführt, um einen gemeinsamen Dienstleister zu finden[1].

Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) erklärt die Einigung für die Bezahlkarte zu einem „wichtigen Schritt, Anreize für illegale Migration nach Deutschland zu senken“[2]. Und weiter: „Mit der Einführung der Bezahlkarte senken wir den Verwaltungsaufwand bei den Kommunen, unterbinden die Möglichkeit, Geld aus staatlicher Unterstützung in die Herkunftsländer zu überweisen, und bekämpfen dadurch die menschenverachtende Schlepperkriminalität“ 2. Mit der Bezahlkarte sollen Überweisungen, also auch Geldzahlungen in die Herkunftsländer, unterbunden werden. Damit soll die Flucht nach Deutschland unattraktiver gemacht werden.

Es gibt jedoch keinerlei wissenschaftliche Belege dafür, dass Geld von den erhaltenen Sozialleistungen in die Herkunftsländer geschickt wird. Die Migrationsforschung kommt zu einem anderen Schluss: Sozialleistungen stellen keinen entscheidenden Pull-Faktor dar[3]. Vielmehr bewegen Krieg und Klimakrise die Menschen zur Flucht. Bezahlkarten werden Menschen nicht von der Flucht abhalten. Der Vorstoß zur Einführung der Bezahlkarte missachtet jegliche wissenschaftlichen Erkenntnisse und zielt auf die Schikane geflüchteter Menschen ab.

Die mit der Bezahlkarte verbundenen Handlungseinschränkungen führen zu Stigmatisierungen und haben negative Auswirkungen auf die Bewegungsfreiheit der Betroffenen. Sie sind datenschutzrechtlich bedenklich und werden den Alltag der Betroffenen unnötig erschweren. Wer in Deutschland ohne Bargeld lebt, verliert an Selbstbestimmung, zumal viele Zahlungen ausschließlich über Bargeld funktionieren. Auf der anderen Seite ist die Möglichkeit für Überweisungen unentbehrlich, z.B. für den Abschluss eines Handyvertrages. Das zeigt: Die Bezahlkarte ist ein bevormundendes und schikanierendes Diskriminierungsinstrument.

Auch die finanzielle und bürokratische Belastung der Kommunen ist noch nicht abzusehen. Selbst die Einschätzung des Magistrats zur Einführung der Bezahlkarte ist kritisch: „Die Mitglieder des Hessischen Städtetages, einschließlich der Stadt Frankfurt, haben sich positioniert: Die Einführung und der Einsatz der Bezahlkarte geht mit einem massivem Mehraufwand für die Verwaltung einher und stellt keine Entlastung für diese da“ (F 2335/2024).

Die für die Umsetzung dieses Systems erforderlichen Mittel und Ressourcen könnten effektiver für die direkte Unterstützung der Geflüchteten eingesetzt werden. Die einfachste und menschenwürdigste Lösung bleibt die Leistungserbringung über Girokonten oder Bargeld. Die Stadt Frankfurt sollte vor der flächendeckenden Einführung in Hessen ein klares Zeichen gegen die Bezahlkarte für Geflüchtete setzen und sich für materielle Verbesserungen und für bessere Teilhabe geflüchteter Menschen einsetzen.

Die Linke im Römer
Dominike Pauli und Michael Müller
Fraktionsvorsitzende

Antragstellende:

Stv. Ayse Dalhoff
Stv. Dominike Pauli
Stv. Daniela Mehler-Würzbach
Stv. Eyup Yilmaz
Stv. Michael Müller
Stv. Monika Christann

 

[1] https://www.tagesspiegel.de/politik/ausschreibung-hat-begonnen-das-sind-die-kriterien-fur-die-bundesweite-bezahlkarte-11285266.html

[2] https://staatskanzlei.hessen.de/presse/laender-einigen-sich-auf-gemeinsame-standards-fuer-eine-bezahlkarte

[3] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/asylbewerber-bezahlkarte-bundeslaender-102.html

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