Der Sanierungsstau in Frankfurt ist kein neues Problem

Rede während der 34. Plenarsitzung am 19. September 2024

 

Sehr geehrter Herr Vorsteher,

werte Kolleg:innen!

Kollege Dürbeck, das war lustig, aber wir wollen nicht verschweigen, dass die CDU vor nicht allzu langer Zeit auch in der Regierung war und mit diesem Sanierungsstau vielleicht etwas zu tun haben könnte.

Der vorliegende Antrag wird breit getragen und hat auch unsere Unterstützung. Die Sanierung aller stadteigenen Gebäude ist ein wichtiger Pfeiler, um Frankfurt bis 2035 klimaneutral zu machen. Klare Sache: Die Stadt muss hier mit den Gebäuden in ihrem Bestand vorangehen. Lassen Sie mich also mit Lob beginnen: Der Antrag bekräftigt die Klimaziele der Stadt. Die Zielperspektive, bis 2030 möglichst weitgehend, bis 2040 vollständig klimaneutral gemacht zu werden, ist fein, nur dann, Herr Dr. Dürbeck hat es schon angesprochen, reden wir erst einmal von einer Liste, die wir eigentlich längst hätten haben sollen entsprechend der Strategie und dem Umsetzungsfahrplan bis 2025. Und Ende 2025 soll dann noch das IT‑gestützte Tool dazukommen. Das lässt mich tatsächlich erstaunt zurück. Man fragt sich, viele Bürger:innen da draußen sicher auch, warum ist das alles nicht längst passiert? Was ist in den letzten Jahren geschehen, dass wir das heute noch beantragen müssen und hier als breit getragene Offensive verkünden, auf die wir ganz stolz sind?

Der Sanierungsstau in Frankfurt ist kein neues Problem. Schulen, in denen die Decken bröckeln, Verwaltungsgebäude, die energetisch katastrophal dastehen, sind keine Probleme, die über Nacht entstanden sind. Warum also kommt diese Initiative erst jetzt? Dieser Angriff, diese Offensive ist vor allem ein Versuch, Handlungsfähigkeit zu zeigen angesichts von Überforderung, angesichts der Größe der Aufgabe, und das hat auch etwas mit der Vergangenheit zu tun. Das sei auch an die CDU gerichtet.

Was uns hier als großer Wurf für den massiven Sanierungsstau verkauft wird, ist vor allem eins: too late, too little – zu spät und zu wenig. Es ist kein Wunder, dass uns die von im Sommer unerträglich heißen Schulgebäuden Betroffenen in den Ausschüssen und Ortsbeiräten auf den Füßen stehen, denn viel zu lange ist nichts passiert. Der Sanierungsstau ist ein Symptom jahrzehntelanger Ignoranz. Jahrzehntelang und jahrelang wurde weggeschaut, Prioritäten wurden falsch gesetzt, Verantwortung wurde verschoben. Die Sanierung öffentlicher Gebäude wurde systematisch vernachlässigt; und jetzt, wo übrigens auch die Baukosten explodieren, versucht man den Berg an Versäumnissen anzugehen. Jetzt soll eine Liste erstellt werden und jetzt muss die Stadt handeln angesichts baulicher Schäden von Gebäuden, in denen es im Sommer nur noch schwerlich auszuhalten ist, angesichts von Klimazielen und der notwendigen Wärmewende.

Werte Kolleg:innen, Frankfurt kann sich keine halben Sachen mehr leisten. Diese Sanierungsoffensive ist kein großer Wurf. Sie bezeichnen sie als ambitioniert. Das ist sie, angesichts der kurzen Zeit, angesichts der Bedarfe durch den Sanierungsstau und der Notwendigkeit der Steigerung der Sanierungsquote zur Erreichung der Klimaziele. In der Sache ist es ein Anfang. Der ist wichtig, aber er kommt zu spät. Zur Frage der Umsetzung sehe ich in Zeiten von Baukrise, Finanzmängeln – wir warten gerade auf die Haushaltseinbringung im Land und das sieht nicht gut aus, was die verschiedenen Förderprogramme betrifft – sowie Fachkräftemangel noch jede Menge Ungeklärtes. Klar ist nur, jede Verzögerung bei den energetischen Sanierungen öffentlicher Gebäude ist ein Schritt zurück im Kampf gegen die Klimakatastrophe. Too late, too little. Wir haben zu tun.

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