Aktuelle Stunde zur Frage Nr. 3012
Werte Frau Vorsteherin,
werte Stadtverordnete!
Es sind gerade sehr anstrengende Zeiten, nicht nur wegen der vorgezogenen Bundestagswahl und des Rechtsrucks der Bundestagsparteien, außer bei uns Linken, nein, sondern auch, weil wir uns gerade in einer Tarifauseinandersetzung, unter anderem mit dem öffentlichen Dienst, befinden. Es ist für abhängig Beschäftigte immer anstrengend, für Lohnerhöhungen und bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen, weil alle Arbeitgeber lange mit dem Argument blockieren, dass kein Geld da sei. Die Inflation, die Preise für Lebensnotwendiges wie insbesondere Miete, Energie, Lebensmittel, aber auch Pflege- und Krankenkassenbeiträge warten nicht auf willige Arbeitgeber. Die Beschäftigten sind gezwungen, für Tarifverbesserungen zu kämpfen, um nicht in die Armut abzusinken. Das sieht das Grundgesetz in Artikel 9 Absatz 3 vor. Trotz des Rechts auf Streik erleben Streikende aber oft Drohungen und Repressalien durch die Arbeitgeber. Die Formen sind vielfältig, mal dezent, mal krass und massiv, aber in jedem Fall bei vielen Beschäftigten durchaus angsterzeugend. Das hat mit attraktiven Arbeitsplätzen nichts mehr zu tun und auch nichts mit Sozialpartnerschaft, einem wichtigen Pfeiler in unserem Sozialstaat.
Nancy Faeser ist die Verhandlungsführerin für die aktuelle Tarifrunde im öffentlichen Dienst. Auch unser Kämmerer und Personaldezernent ist als Präsident des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Hessen direkt involviert. Frau Faeser hat beim Verhandlungsauftakt sinngemäß gesagt, dass kein Geld für Forderungen da sei und dass der öffentliche Dienst überhaupt sehr attraktiv sei, wenn er nicht immer von Gewerkschaften so schlechtgeredet würde. Einen Fachkräftemangel gebe es allenfalls in der Führungsetage. Da kennt sie wohl die Realität nicht. Das gepredigte Ausgabenproblem ist in Wahrheit ein Einnahmenproblem. Das muss sich ändern. Zur Attraktivität des öffentlichen Dienstes gehört auch, dass die Sozialpartnerschaft mit den Gewerkschaften ernst genommen wird und erst recht das Recht auf Streik. Daran scheint es bei einigen Stadtverantwortlichen zu mangeln, denn es gibt Schreiben an Beschäftigte, die von ihrem grundgesetzlich verbrieften Streikrecht Gebrauch gemacht haben. Neben Einzelschreiben wurde ein Rundschreiben mit gesetzeswidriger, arbeitsrechtlicher Androhung verschickt. Deswegen kann ich hier keine Ausreden, Beschönigungen oder gar Dementis akzeptieren. Ich fordere den Personaldezernenten dazu auf, dass er ab sofort dafür Sorge trägt, dass alle Führungskräfte das Grundgesetz vollständig einhalten.
Die Linke unterstützt die Streikenden bei ihrem gerechten Kampf. Auch der Sozialstaat braucht aus Eigeninteresse gesunde und arbeitsfähige Menschen durch gute Arbeitsbedingungen, zu denen regelmäßige Tariferhöhungen gehören. Die Konservativen und Neoliberalen betonen immer wieder, dass es keinen ausreichend großen Lohnabstand zum Bürgergeld gebe, folglich: Löhne rauf, Arbeitsbedingungen verbessern und nicht kindisch bockig sein, weil Bockigkeit nur allen schadet.
Danke!